Neue Stiftung:Bayern bewahren

Vor dem Hintergrund des 100. Geburtstags des Freistaates haben acht Menschen eine Stiftung gegründet, die kulturelles Erbe sichern soll. Darunter Andreas Hänel aus Sulzemoos. Er setzt sich für den Erhalt historischer Gebäude ein.

Von Robert Stocker, Sulzemoos

Ein altes, verfallenes Gebäude zu sanieren, ist eine Aufgabe, die Leidenschaft und einen langen Atem erfordert. Andreas Hänel, ehemaliger Chef des Fotovoltaikunternehmens Phoenix Solar, stellt sich dieser Aufgabe aus Überzeugung. Seit mehr als 25 Jahren setzt er sich für den Erhalt historischer Gebäude ein, die von einem Abriss bedroht sind. Sein Augenmerk gilt besonders gefährdeten Bauernhäusern. In Altomünster setzt er gerade einen historischen Bauernhof in Stand, der als schützenswertes Baudenkmal gilt. Der Luftfahrt-, Raumfahrt- und Umweltschutzingenieur krempelt dabei selbst die Ärmel hoch und werkelt bei der Sanierung mit. Er steckt sein ganzes Herzblut in dieses Projekt.

Der Schutz und Erhalt von Kulturgütern in Bayern ist auch das Anliegen der Stiftung Kulturerbe Bayern, die am vergangenen Montag zum 100. Geburtstag des Freistaats gegründet wurde. Der Verein Kulturerbe Bayern, den es seit 2015 gibt, bereitete die Gründung der Stiftung vor. Die Geschäftsstelle des Vereins befindet sich im Schlossgut Sulzemoos. Beide Einrichtungen wollen möglichst viele bedrohte Kulturgüter retten und sie für künftige Generationen bewahren.

Baudenkmal

In Altomünster setzt Andreas Hänel gerade einen Bauernhof instand, der als schützenswertes Baudenkmal gilt.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Acht Gründungsstifter haben inzwischen einen sechsstelligen Betrag zum Aufbau des Grundstockkapitals der Stiftung zur Verfügung gestellt. Zu den Gründungsstiftern gehören die ehemalige Gymnasiallehrerin Ursula Beyer aus Pfaffenhofen an der Ilm, der Jurist Johann Böhmer aus Gröbenzell, der Jurist Alexander Freiherr von Hornstein aus Germering, der ehemalige Kieferorthopäde Gunther Kretschmer aus Bernau am Chiemsee, die Rechtsanwälte Anna-Maria und Rudolf Peter Ramelsberger aus Passau, der Jurist Markus Rieder aus München und Landtagspräsident a. D. Johannes Böhm. Dass auch Andreas Hänel zu diesem Kreis zählt, verwundert angesichts seines Engagements für den Erhalt historischer Bauernhäuser nicht. "Der Verein Kulturerbe Bayern verfolgt Ziele, die praktisch deckungsgleich mit meinen eigenen Interessen sind", sagt Hänel. Der Verein könne allerdings in viel größerem Maß als Einzelpersonen Schutz für gefährdete Gebäude bieten. Kulturerbe Bayern schließe damit eine wichtige Lücke in der Denkmalpflege in Bayern. Der Historiker und Archivar Johannes Haslauer, erster Vorsitzender des Vereins Kulturerbe Bayern und stellvertretender Vorsitzender des Stiftungsvorstands, sieht die Stiftung zum 100. Geburtstag des Freistaats als bleibendes Geschenk von Bürgern für die Bürger.

Vorbild für die Stiftung ist der englische National Trust

Die Stifter hoffen jetzt darauf, dass sie möglichst viele Nachahmer finden. Alle, die Bayerns gebautes und gewachsenes Erbe schätzen, seien zur Beteiligung eingeladen: als Mitglied, Volunteer, Spender oder Zustifter. Zu tun, so die Gründungsstifter, gebe es genug. Zwar setzen sich schon heute viele Menschen aktiv für den Erhalt von Baudenkmälern, Parks oder Gärten ein, doch wo die organisatorischen und finanziellen Grundlagen für bürgerschaftliches Engagement bislang nicht in ausreichendem Maß vorhanden seien, drohe der Verlust von orts- und landschaftsprägenden Zeugnissen der bayerischen Kultur.

Kulturerbe Bayern will die Teilhabe der Bürger an der Erhaltung konkreter Objekte fördern. Das erste konkrete Objekt ist ein spätmittelalterliches Wohnhaus in der Altstadt von Rothenburg. Es ist im Besitz des Vereins "Freunde Alt-Rothenburgs", von dem es die Stiftung erwerben will. So wie bei dem Haus in Rothenburg soll es auch mit anderen Objekten laufen: Die Stiftung will die Gebäude erwerben, sanieren und für den Unterhalt aufkommen. "Wir wollen garantieren, dass die Gebäude auch langfristig erhalten bleiben", betont Rudolf Himpsel, Geschäftsführer von Kulturerbe Bayern. Die Objekte sollen wieder zu belebten und wichtigen Orten im Alltag der Menschen werden. Die gemeinnützige Stiftung wird Eigentümerin und Treuhänderin der gemeinsam gepflegten Kulturschätze sein.

Baudenkmal

Andreas Hänel ist eigentlich Luftfahrt-, Raumfahrt- und Umweltschutzingenieur. Sein Herzblut steckt er in den Erhalt historischer Bauernhäuser

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Vorbild für die Stiftung ist der englische National Trust, eine gemeinnützige Organisation, die Objekte aus dem Bereich der Denkmalpflege und des Naturschutzes in England, Wales und Nordirland betreut. Der National Trust ist mit 4,1 Millionen Mitgliedern die größte Organisation Europas für Kultur- und Naturschutz und eine der größten Organisationen in Großbritannien. So gesehen hat der Verein Kulturerbe mit seinen 600 Mitgliedern noch Nachholbedarf. Aber er hofft auf einen regen Zuwachs. Auf Menschen, die vom Denkmalvirus infiziert worden sind. So wie der Stifter Markus Rieder, der vor einigen Jahren ein denkmalgeschütztes Haus erworben und generalsaniert hat. Es ist jetzt das Zuhause der Familie Rieder. "Wir können uns kaum mehr vorstellen, woanders zu wohnen", sagt der Münchner Jurist. "Der Denkmalvirus hat uns voll erwischt." Leidenschaftliche Denkmalschützer sind auch die Stifter Anna-Maria und Rudolf Peter Ramelsberger aus Passau. Seit 1993 haben die beiden Rechtsanwälte mehrere denkmalgeschützte Häuser in der Passauer Altstadt saniert.

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