Nebenorte von Altomünster:Wo Wachstum schwierig wird

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Altomünsters Marktgemeinderat diskutiert Baumaßnahmen in Wollomoos, Kiemertshofen, Irchenbrunn oder Hohenzell und stößt dabei an seine Grenzen. Denn in der Entwicklung von kleineren Ortsteilen gibt es viele Hindernisse zu überspringen - auch hausgemachte

Von Horst Kramer, Altomünster

Wie soll sich eine Flächengemeinde entwickeln? Vornehmlich im Hauptort oder auch in seinen Ortsteilen? Von denen standen ehedem viele auf eigenen Füßen, vor der Gebietsreform in den Siebzigerjahren. In der Marktgemeinde Altomünster treibt diese Frage die Lokalpolitik schon lange um. Vor allem, wenn Kommunalwahlen anstehen wie im kommenden Jahr. Und besonders, wenn die Besucherränge einer Gemeinderatssitzung gut gefüllt sind wie am vergangenen Dienstag beim ersten Treffen des Gremiums nach den Sommerferien. Die Ortspolitiker behandelten rund ein Dutzend Bauleitplanungsanträge oder Bebauungspläne für Dörfer und Weiler wie Wollomoos, Kiemertshofen, Irchenbrunn und Hohenzell.

Es war der Wollomooser Architekt und Gemeinderat Josef Obeser (Freie Wählergemeinschaft, FWG), der die verschiedenen Projekte auf den gemeinsamen Nenner brachte: "Ein Wachstum muss auch in den Ortsteilen möglich sein und nicht nur im Hauptort." Die FWG ist in vielen Ortschaften des Altolandes die treibende Kraft, im Hauptort sammelte hingegen die CSU bis dato die meisten Stimmen.

Obeser hörte zwar keine offenen Widerworte, doch eine Bemerkung des CSU-Youngsters Georg Huber junior zu einem Bauvorhaben im kleinen Weiler Irchenbrunn wirkte geradezu typisch: "Wenn dort mehr Häuser hingebaut werden, würden dort Fremde hinziehen. Das finde ich für einen Ort wie Irchenbrunn nicht so gut." Denn Wachstum auf dem Lande heißt in der Regel Neubauten für den eigenen Nachwuchs. "Fremde" sind alle anderen. Ob Zuzügler aus München, Augsburg oder anderen Teilen Deutschlands und der Welt. Dabei gehören zum Beispiel in Irchenbrunn die dort untergebrachten Flüchtlinge seit Jahren zum Ort. Oder seit diesem Frühling auch die jungen Musikerinnen und Musiker aus Korea oder China, die während des "Europäischen Musikworkshops Altomünster" (EUMWA) in Irchenbrunn wohnten und sich begeistert vom bayerischen Landleben zeigten.

Soll sich eine Flächengemeinde wie Altomünster vornehmlich im Hauptort oder auch in seinen Ortsteilen entwickeln? Über diese Frage diskutieren einmal mehr die Gemeinderäte. (Foto: Toni Heigl)

Irchenbrunn hat indes ein ganz anderes Problem: Im Flächennutzungsplan ist das komplette Dorf als landwirtschaftliches Areal dargestellt - Neubauten sind damit ausgeschlossen. Deswegen stellt sich das Landratsamt den dortigen Erweiterungsplänen auch energisch entgegen, wie Altomünsters Amtsleiter Christian Richter erzählte. Der Marktgemeinderat stimmte dennoch zwei Bauleitplanverfahren zu. Ob die Projekte jemals vom Dachauer Landratsamt genehmigt werden, steht freilich in den Sternen. Bürgermeister Anton Kerles (CSU) Prognose dazu lautete: "Eher nicht."

In anderen Ortschaften behilft sich das Altomünsterer Rathaus mit dem mittlerweile berühmten Paragrafen 13 b des Baugesetzbuchs, der Kommunen seit seiner Einführung vor rund zwei Jahren erlaubt, ihre Ortsränder in einem Kurzverfahren nach außen zu schieben, ohne Umweltverträglichkeitsprüfung und ohne Ausgleichsflächen. Altomünster zieht den Paragrafen häufig, jetzt bei der Vergrößerung von Wollomoos. Nicht zuletzt deshalb, weil die Marktgemeinde einen Teil der Grundstücke über das Altomünsterer Baulandmodell zu relativ günstigen Preisen erwerben kann.

Geradezu typisch für die Probleme eines Dorfes, das wachsen will, stellt sich die Situation in Kiemertshofen dar. Wenn es nach den dortigen Einwohnern ginge, würde der Ort in jede Himmelsrichtung wachsen. So wie schon in den vergangenen Jahrzehnten. Amtsleiter Richter erläuterte im Gespräch mit der SZ Dachau die Hintergründe: "Frühere Gemeinderäte haben Bauvorhaben in einer Größenordnung von 1000 Quadratmetern gerne durchgewunken, einfach, um sich Arbeit und Ärger zu ersparen. Eine systematische Ortsentwicklung wurde auf diese Weise in die Zukunft vertagt." Nun lehnte der Marktgemeinderat fast alle Projekte ab; bis auf ein Areal im Kiemertshofener Süden, an dem die Kommune dank des Baulandmodells partizipieren kann.

In Hohenzell zog der Bürgermeister die Notbremse bei einem Einfamilienhaus-Projekt, das in zweiter Reihe errichtet werden sollte: "Zuerst müssen wir das gesamte Gebiet überplanen." Wann das passieren soll, ließ er offen. Denn die vielen Einzelvorhaben führen noch zu einer weiteren Schwierigkeit: Das Altomünsterer Rathaus verfügt nicht über ausreichend Personalressourcen, um alle Maßnahmen zügig abzuarbeiten.

Die Folge: "lange Verfahrenszeiträume", so Christian Richter. "Ob wir einen Bebauungsplan für ein einzelnes Haus oder für zehn Häuser ausweisen, das macht für uns vom Arbeitsaufwand her gesehen kaum einen Unterschied." Im Zweifelsfall präferiere er ein Baugebiet für zehn Häuser, weil damit mehr Menschen geholfen werde. Und das ist Richters pragmatische Antwort auf die grundsätzliche Frage, ob der Hauptort oder die Ortsteile wachsen sollen.

© SZ vom 27.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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