Süddeutsche Zeitung

Nachruf:Thomas Vesely ist gestorben

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An der Thaya, dem Grenzfluss von Niederösterreich nach Böhmen und Mähren, wurde Thomas Vesely am 5. November 1946 geboren. Er wuchs in Znaim auf. Die Gegend gilt als Kornkammer. An der Amper in Dachau war der Maler vor vielen Jahren heimisch geworden. Das Leben am Fluss und verschwiegene Uferlandschaften hatten Vesely seit jeher fasziniert und inspiriert; seine großen Vorbilder waren die französischen Impressionisten, die dem Wasser mit seinen Lichtreflexen und Spiegelungen breiten Raum in ihrem Schaffen gaben. 1998 hatte sich Vesely ein Schlauchboot gekauft, um die Amper "im Herzen des Flusses" zu malen. Der Maler mit seinem Atelier in der kleinen Moosschwaige ist am vergangenen Montag im Alter von 70 Jahren nach langer Krankheit gestorben.

Sein Bruder Ivan erzählt, wie die mährische Landschaft Thomas geprägt habe. Und wie er diese Vegetation einschließlich der Auenwälder in der Dachauer Gegend wiedergefunden habe. In einer abenteuerlichen Flucht mit Hilfe seines Bruders kam der Künstler nach dem Studium an der Kunstakademie in Brünn im Jahr 1979 zunächst nach Wien und dann nach München. Aus dem damaligen Jugoslawien hatte Thomas Vesely ein Telegramm nach Deutschland geschickt, mit der Bitte, die Flucht zu ermöglichen. "Das habe ich getan", erzählt der Bruder. "Ich habe ihn geschmuggelt." Thomas Vesely zog es bald nach Dachau. Die übrige Familie folgte ihm im Jahr 1990.

Noch vor einem Dreivierteljahr bei der Atelierausstellung zu Weihnachten sagte Thomas Vesely: "Ich wusste, wenn ich in den Westen komme, werde ich meine Malerei entwickeln. Und die Schönheit der Flusslandschaft hat mir die Kraft dazu gegeben." Der als "Akt-Fuchs" bekannte Maler Otto Fuchs sagte über Thomas Vesely öfters liebevoll: "Du bist ein Amperer."

Thomas Vesely hat die Kraft zum Leben nicht mehr sehr lange gehabt. Er war einer der wenigen Maler in der ganzen Region, die in Dachau an der Idee der Freilichtmalerei des ausgehenden 19. Jahrhunderts unverbrüchlich festhielten und sie für sich kontinuierlich ausgestalteten.

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Quelle:
SZ vom 04.07.2017
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