Nachruf:Bewahrer des Bairischen

Der Mundartforscher und Trachtenexperte Franz Eder ist im Alter von 81 Jahren gestorben

Von Wolfgang Eitler, Dachau

"Vo selber fallt oam nix in d'Händ / As Glück des macht si rar/und ebbad hattst koa Freud am End / waar it der Weg so schwaar." Der Vers stammt von Max Dinger. Den Dichter mochte Franz Eder sehr gerne. Vor allem, weil er die schwäbisch-bairische Mischung der Dialekte genoss. Schon als Bub in Eichhofen auf dem Bauernhof seines Onkels, sozusagen an der Sprachgrenze der beiden Dialekte. Die Verneinung "it" ist schwäbischen Ursprungs. Dinglers Vers passt zum Leben von Franz Eder, dem Mundartforscher, Trachtenexperten, Hochzeitslader, Vorleser, Dialektsammler, Ehrenmitglied der Dachauer Ludwig-Thoma-Gemeinde, Träger des Kulturpreises des Bezirks Oberbayern und der Goldenen Bürgermedaille der Stadt Dachau. Leicht hat er es nie gehabt. Und leicht hat er es sich nie gemacht.

Man musste ihn nur einmal dabei beobachtet haben, wie akribisch er einen Fragebogen der Kommission für Mundartforschung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ausfüllte. Das Wort "Magd" heißt im Bairischen "Dirn". Dann gibt es aber die Kindsdirn, die Mittendirn und schließlich die Drittlerin, die den Stall ausmisten musste. Wer wusste sonst noch solche Nuancen des Bairischen? Nur der Sprachforscher Franz Eder.

Auf ihn muss die segensreiche Einrichtung der Bayerischen Akademie künftig verzichten. Franz Eder ist am Montag im Alter von 81 Jahren gestorben. Und die Dachauer Freunde von Brauchtum und Tracht, aber besonders der Literatur haben einen Mann verloren, der die Personifizierung des Bairischen im guten Sinne war: einmal, weil er Tradition und Dialekt hochhielt. Zum anderen, weil er sich der Sentimentalität des Es-war-einmal verweigerte.

Eder besuchte öfters Anthony Rowley, den Engländer, der die Mundartforschung an der Akademie leitet. Dann sinnierten sie über Tradition und Sprache. Sie waren sich einig, dass man mit Theater, Slogans und Häusern ein vermeintlich traditionsreiches Leben vorgaukeln kann, nicht aber mit der Mundart. "Wenn die Menschen sie nicht mehr beherrschen, dann weil sich ihr Leben verändert hat." Sprache ist halt eine Lebensform. Beide sagen: "Wenn sie verschwindet, dann verschwindet sie." Vielleicht hatte er sich deswegen dem dringlich vorgetragen Wunsch versagt, seine Anekdoten und Geschichten auf Tonband aufnehmen zu lassen. Er war halt ein Mann des Mündlichen, des gesprochenen Worts, das sich je nach Situation und Stimmung, je nach Gefühl und Erinnerung verändern konnte.

Nachruf: Franz Eder war er ein Mann des offenen Wortes, ein Mann, der Tradition und Dialekt hochhielt. Am Montag ist er gestorben.

Franz Eder war er ein Mann des offenen Wortes, ein Mann, der Tradition und Dialekt hochhielt. Am Montag ist er gestorben.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Franz Eder wird nicht verschwinden. Er wird den Menschen in Erinnerung bleiben, dazu waren seine Auftritte viel zu legendär. Von Beruf war er Schneidermeister und anschließend bei der Deutschen Bundesbahn beschäftigt. Wegen seines Erstberufs war er der maßgebliche Experte für die Dachauer Tracht und damit für den Verein D'Ampertaler. Da geriet er ins Schwärmen, besonders über die Dachauer Brauttracht wegen der "schweren archaischen Form".

Bei aller Traditionsseligkeit war er ein Mann des offenen Wortes und der Fähigkeit zur Einsicht. Zunächst hatte er sich dagegen gesträubt, dass sich die Thoma-Gemeinde unter Karl Bruckmayer in den Neunzigerjahren der zeitgenössischen Literatur öffnet, in der die Mundart eine zentrale neue Rolle spielte, wie bei Franz Xaver Kroetz oder Wolfgang Bauer. Aus dem Streit damals entstand eine große Freundschaft. Karl Bruckmayer ist tot. Auch die Rundfunkmoderatorin und Sprachpflegerin Hedi Heres - und jetzt nach langer Krankheit Franz Eder. Die maßgeblichen Vertreter einer ganzen Generation der Bewahrer und auch Erneuerer der Tradition in Dachau sind abgetreten.

Franz Eder hat am vergangenen Samstag noch seinen 81. Geburtstag im Kreis seiner Familie und seiner Freunde gefeiert. Edi Hörl, Vorsitzender der Ludwig-Thoma-Gemeinde, sagte am Dienstag: "Wir sind alle erschüttert."

Wer das begnadete Schauspieler-Talent des Franz Eder erleben will, muss auf die Glentleiten fahren. Dort ist noch bis Mitte November die Sonderausstellung "Vom Anbandeln zum Abdanken - Hochzeit im ländlichen Oberbayern" zu sehen. Besonders der Film nach der Hochzeitsgeschichte von Ludwig Thoma. Darin spielt Franz Eder einen Hochzeitslader, der er so gerne und so oft war.

Der Trauergottesdienst für Franz Eder findet am Freitag, 22. August, um 11 Uhr in der Dachauer Pfarrkirche Sankt Jakob mit anschließender Trauerfeier um 12 Uhr auf dem Waldfriedhof Dachau statt.

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