Süddeutsche Zeitung

Nach hitzigen Debatten:Lärmaktionsplan gescheitert

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Stadträte von CSU, Freien Wählern und Bürgern für Dachau kippen das Vorhaben

Von Petra Schafflik, Dachau

Bei jeder Bürgerversammlung klagen Anwohner über massiven Verkehrslärm, in den sozialen Medien gibt es hitzige Debatten um Raser, Verkehrsrowdys und nächtliche Autorennen. Doch der Versuch der Stadt, mit einem Lärmaktionsplan gegen den Krach auf den Dachauer Straßen vorzugehen, ist nun gescheitert. Die konservative Mehrheit im Umwelt- und Verkehrsausschuss stimmte gegen das Konzept, das nachts Tempo 30 in der Mittermayer-Straße, die Prüfung eines Lkw-Durchfahrtsverbots und die Ausweisung ruhiger Gebiete vorsah. Mit ihrem Veto kippten die Stadträte von CSU, FW und BfD ein Programm, das sie mehrheitlich im Frühjahr noch befürwortet hatten.

In der aktuellen Beratung sollte es nur mehr darum gehen, die von Bürgern und Behörden vorgebrachten Anregungen zu bewerten. Das nutzte die CSU zu einer Generalabrechnung. "Der Lärmaktionsplan geht an den Bedürfnissen der Bürger vorbei", sagte Peter Strauch (CSU). Das Votum bedeutet das vorläufige Aus für die seit 2013 laufenden Bemühungen um eine Reduzierung des Verkehrslärms. "Damit gibt es keinen Lärmaktionsplan", erklärte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD).

Gerade weil das Thema Verkehrslärm den Dachauern so wichtig sei, wehre sich die CSU gegen den Lärmaktionsplan, erläuterte Fraktionssprecher Strauch. "Verschiedene Brennpunkte sind im Konzept nicht enthalten." Vor allem aber lasse sich mit der geplanten Ost-Umgehung viel erreichen. "Aber die Umgehung wird hier schlecht geschrieben." Damit bezog sich Strauch auf die in der Sitzungsvorlage enthaltene Bewertung eines Verkehrsgutachtens. Die Studie schreibt einer Ost- und Nordumfahrung und einer Südumfahrung Hebertshausens keinen großen Nutzen für die Lärmreduzierung in der Stadt zu. Wegen des geringen Effekts von 0,2 bis maximal einem Dezibel hat die Verwaltung die Umgehungen nicht in den Lärmaktionsplan aufgenommen. Genau das aber hätte sich die CSU gewünscht.

Weiterer Streitpunkt war das geplante Tempolimit. Wo sich Verkehrsreferent Volker C. Koch für die Nachtstunden eine 30er-Zone von der Mittermayer- bis zur Münchner Straße vorstellen kann, will Strauch gar nichts beschränken. "Die Bürger wollen mehr Kontrollen." Auch Norbert Winter (BfD) hält den Lärmaktionsplan für "Aktionismus", solange die Verkehrsregeln nicht durchgesetzt werden. "Wir müssen die Missstände abschaffen, da gehört die Polizei her." Natürlich bringe ein Schild nichts gegen Rücksichtslosigkeit, stimmte Verkehrsreferent Volker C. Koch zu. "Wir müssen auch überwachen." Der Verkehrsreferent hatte deshalb im Juli beantragt, Radarsäulen in der Münchner Straße zu installieren. Da für feste Blitzer eine Genehmigung nur schwer zu bekommen ist, einigten sich die Stadträte in derselben Sitzung einstimmig darauf, möglichst ein mobiles Radargerät anzuschaffen oder zu mieten. Damit sollen die Tempokontrollen in der Stadt massiv intensiviert werden.

Auch wenn es ein Kontrolldefizit gebe, bleibe der Lärmaktionsplan, an dem bereits seit 2013 gearbeitet wird, "ein wichtiges Vorhaben", betonte Koch. Tatsächlich hält auch OB Florian Hartmann (SPD) das Konzept für ausbaufähig. So seien Straßen, die von den Bürgern als extrem laut erlebt werden, nicht enthalten. "Weil die Systematik gesetzlich so vorgegeben ist", erklärte er. Unerfreulich sei auch, dass mit Zahlen von 2009 gearbeitet werden müsse. "Aber wir haben nichts Besseres zur Verfügung." Neuere Daten hängen im Straßenbauamt fest, wo die Bearbeitung auf sich warten lässt. Dennoch sei der Lärmaktionsplan sinnvoll als ein wichtiger erster Schritt.

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Quelle:
SZ vom 29.09.2017
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