Nach dem Passauer Modell:Wohnraumbörse für Flüchtlinge

Viele der 1190 Asylsuchenden im Landkreis dürfen bleiben und müssen deshalb die Unterkünfte verlassen - aber sie finden auf dem freien Markt keine Bleibe. Das Landratsamt will nun Eigentümer und Mieter zusammenbringen

Von Viktoria Großmann, Dachau

Etwa 1190 Menschen leben derzeit in den Flüchtlingsunterkünften von 15 Landkreisgemeinden. Viele dieser Menschen haben ihr Verfahren erfolgreich beendet und dürfen in Deutschland bleiben. Dieser positive Bescheid ist aber für etliche gleichbedeutend mit dem Gang in die Obdachlosigkeit. In der Flüchtlingsunterkunft dürfen sie rechtlich gesehen nicht bleiben. Eine Wohnung im Großraum München zu finden, ist für sie jedoch nochmals ungleich schwieriger, als es ohnehin für jeden Normalverdiener ist.

Das Landratsamt Dachau hat daher nun eine Wohnraumbörse eingerichtet, die helfen soll, Vermieter und Mieter zusammenzubringen. Vorbild ist ein Modell aus Passau, das dort seit zwei Jahren erfolgreich läuft, mittlerweile vom Freistaat als Best-Practice-Modell anerkannt und vom Sozialministerium gefördert wird. Das Passauer Modell ist über die Startseite der Homepage des Passauer Landratsamtes zu finden. Im Landkreis Dachau müssen sich Interessierte noch etwas mühsam über die Reiter Landratsamt/Fachbereiche/Kommunale und soziale Angelegenheiten/Asylangelegenheiten vorarbeiten.

Die Landratsämter haben selbst großes Interesse daran, dass die Menschen aus den Unterkünften ausziehen können. Das Landratsamt Dachau erlaubt derzeit 355 Menschen, die in Deutschland bleiben dürfen, weiterhin in den Flüchtlingsunterkünften zu wohnen, weil sie keine andere Bleibe finden. Das Landratsamt hilft mit dieser Kulanzregelung sowohl den Menschen als auch der Stadt Dachau und den Gemeinden. Denn diese müssen Wohnungslose beherbergen.

In Dachau wohnen syrische Familien in Obdachlosenunterkünften. Viele Gemeinden im Landkreis aber haben gar keine Unterkünfte. Allein in Petershausen wohnen 21 Menschen noch in der Flüchtlingsunterkunft, die schon einen Aufenthaltstitel haben. In Karlsfeld ist es etwa ein Drittel der 326 Menschen. "Viele haben einen Job gefunden", erklärt Elfriede Peil vom Helferkreis Karlsfeld. "Nun wollen sie natürlich da bleiben, wo sie ihre Arbeit haben." Sie hofft, dass die Autorität einer Behörde wie des Landratsamtes den Vermietern auf die Sprünge hilft.

"Wenn das Landratsamt hinter so einer Wohnraumbörse steht, ist das auf jeden Fall besser, als wenn wir das nur sind", sagt auch Bärbel Jacob vom Helferkreis Petershausen. "Das klingt verbindlicher und seriöser." Jacob hat 350 Vermieter angeschrieben, um für einen 22-jährigen Syrer und dessen 48 Jahre alten Vater eine Wohnung zu finden. Der Vater war in Syrien inhaftiert, wurde gefoltert, fast die gesamte Familie hat das Heimatland schon verlassen. Der Vater konnte lange nicht fort - er ist auf einen Rollstuhl angewiesen. "Wir brauchen dringend eine behindertengerechte Wohnung", sagt Bärbel Jacob. In diesen Tagen sollten Vater und Sohn sich endlich in Deutschland wieder begegnen. Wo sie gemeinsam wohnen sollen, ist noch nicht klar. "Es gibt Vermieter, die nehmen grundsätzlich niemanden, dessen Wohnung vom Jobcenter bezahlt wird", sagt Jacob.

Die Idee aus Passau, die nun auch das Landratsamt Dachau umsetzt, klingt schlicht. Interessenten, die vermieten wollen, reichen beim Landratsamt ein Formblatt mit grundsätzlichen Angaben zu ihrer Wohnung ein. Dann werden die Angebote weitergeleitet an Helferkreise, die Sozialberatung oder direkt an die Wohnungssuchenden. Auf der Passauer Homepage stehen sie verschlüsselt, damit die Daten nicht in falsche Hände geraten. Menschen, die Flüchtlinge aufnehmen, können Ärger bekommen. Auch in Dachau und Petershausen erzählen Helfer, dass Vermietungsangebote zurückgezogen wurden, nachdem Nachbarn oder die eigene Familie Druck ausgeübt hatten.

Noch liegen im Landkreis Dachau keine Angebote vor, aber der Effekt, den die Idee in Passau hat, spricht für sich: "Wir haben einige hundert Leute in Wohnungen vermitteln können", erklärt Verena Schwarz, Leiterin der Abteilung Sicherheit und Ordnung im Landratsamt Passau. Auf sie geht diese Idee zurück. "Wir sind keine Makler, wir vermitteln nicht", erklärt sie. Aber die Anlaufstelle Landratsamt gebe die Möglichkeit, "ohne Berührungsängste anzufragen", ob eine Wohnung auf diesem Wege vermietet werden kann.

Nach Passauer Vorbild gibt das Landratsamt Dachau auf seiner Homepage eine Übersicht über die Mietpreise, die verlangt werden können. "Die Wohnungsbörse löst nicht das ganz große Problem", räumt Verena Schwarz in Passau ein. "Es ist ein kleiner Baustein." Dass überhaupt Wohnungen gefunden wurden, liege wohl daran, dass "Leerstand abgeschöpft wurde, der sonst schwierig zu vermitteln war".

Bärbel Jacobs Mann Jochen lobt das Engagement des Landratsamtes, zweifelt aber am Erfolg der Initiative im Landkreis. Die Petershausener Helfer haben es geschafft, selbst neun Wohnungen zu vermitteln. Drei an Familien, weitere an junge Männer, die Wohngemeinschaften gegründet haben. "Das ging alles über Mundpropaganda und alles im Helferumfeld", sagt Bärbel Jacob. Einen jungen Mann aus Syrien haben sie selbst als Untermieter ins Haus genommen.

Vermieter können von sofort an ihr Angebot an die E-Mail-Adresse asyl@lra-dah.bayern.de richten. Ein Formblatt ist auf der Homepage des Landratsamtes Dachau zu finden.

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