Musikworkshop:Halt ein sehr gutes Schülerkonzert

Anspruch und Wirklichkeit: Die Teilnehmer des Europäischen Musikworkshops in Altomünster brillieren zwar auf den Instrumenten, aber was fehlt, ist eine echte Programmgestaltung.

Adolf Karl Gottwald

Musikworkshop: Cellist Guido Schiefen, Solist und Lehrer des Musikworkshops.

Cellist Guido Schiefen, Solist und Lehrer des Musikworkshops.

(Foto: DAH)

Die Organisatoren des Europäischen Musikworkshops, allen voran Claudia Geisweid, Kulturreferentin in Altomünster, nehmen für sich in Anspruch "ein herausragendes", wenn nicht das herausragende musikalische Ereignis für den Landkreis überhaupt zu gestalten. Aber genau besehen war das für Ostermontag groß angekündigte Meisterkonzert ein in die Kirche verlegtes Schülerkonzert. Die dafür ausgewählten Teilnehmer traten auf, lieferten ihre Prachtstücke ab und traten wieder ab - ohne Beifall, denn man befand sich ja in einer besonders ehrwürdigen Kirche. Diese Prachtstücke waren ein oder zwei Sätze aus einer Sonate, Suite oder Kantate. Ein innerer Zusammenhang in der Programmgestaltung fehlte völlig.

Nun hatte die Einladung Musik ausschließlich von Händel und Bach sowie die Uraufführung eines Stücks von André Cormier versprochen. Allerdings war von Händel nur ein einziges Stück zu hören, nämlich mit der für Harfe bearbeiteten Passacaglia aus der 7. Cembalosuite g-Moll. Dieses Stück ist freilich sehr eindrucksvoll und wurde für verschiedene Besetzungen bearbeitet. Inés Heimes spielte es auf der Harfe ausgezeichnet.

Bach war hingegen stark vertreten. Der junge Geiger Tilman Fleig brillierte mit dem lieblichen dritten Satz und dem virtuosen vierten Satz aus Bachs C-Dur-Sonate für Violine solo. Fleig spielte ihn musikalisch und erreichte die höchsten Höhen, die auf einer Violine der Bach-Zeit erreichbar waren, absolut sauber. Darauf folgte eine Arie für Bass und obligate Violine mit Basso continuo aus einer Kirchensonate unbekannter Bestimmung von Bach. Das Besondere daran sind die einprägsamen Figuren de obligaten Violine, die Valérie Siegrist sehr schön gestaltete. Der Bariton Tim Braun sang sie mit guter Stimme so deutlich, dass man den barocken Text "Wenn Trost und Hülf ermangeln muss, die alle Welt erzeiget, so kommt, so hilft der Überfluss, der Schöpfer selbst" zumindest streckenweise verstehen konnte.

Diese Verständlichkeit war bei der Kantate zum zweiten Ostertag "Den Christen mischt Christus" für Alt, Flöte, Violine und Basso continuo von Telemann, die von der Dozentin Marina Sandel ebenfalls von der Empore herab gesungen wurde, leider nicht der Fall. Man konnte nicht einmal ahnen, welchen Cocktail Christus den Christen mischt. Telemanns Musik dieser Kantate ist übrigens barocke Massenware, in dieser Art gibt es Tausende von Stücken. Die Kantate dauerte 15 Minuten, die unter diesen Umständen schier nicht vergehen wollten. Weitere von den Kursteilnehmern jeweils in bewundernswerter spieltechnischer und auch musikalischer Perfektion abgelieferte Stücke waren der erste Satz einer Sonate D-Dur für Violine solo von Sergej Prokofiew (Elias Lithak), die deutlich von Igor Strawinskys Stücken für Klarinette solo beeinflusste Sonate in B für Soloklarinette (Maximilian Breinich) von Edison Denissow und der erste Satz einer Triosonate h-Moll für Flöte (Raphael Gärtig), Violine (Leonie Herteux), Violoncello (Julia Fleig) und Orgel (Patrik Hévr) von Carl Philipp Emanuel Bach.

Das bei diesem Konzert uraufgeführte Stück des Kanadiers André Cormier wuchs aus dem Stimmen der Instrumente heraus. Man wusste anfangs nicht so recht: Stimmen die da oben (auf der Orgelempore) noch, oder spielen sie schon; denn die Komposition beginnt mit lauter vereinzelten Tönen aller Instrumente. Nach geraumer Zeit folgt ein Abschnitt, bei dem alle Instrumente jeweils einen Tonschritt ausführen. Schließlich folgt ein Abschnitt, bei dem an die zwei Töne jeweils ein dritter angefügt wird, bis endlich (nach gut zwölf Minuten) das (liturgische) Thema aus der Hymne für die Heilige Birgitta gefunden ist und von Franziska Wetzler sehr schön gesungen werden konnte. Diese Art von Komponieren geht auf das Ricercar zurück, das sich sprachlich von "ricercare" gleich suchen, ausfindig machen" ableitet. In der Frühzeit verstand man darunter tatsächlich das Überprüfen der Stimmung von Saiteninstrumenten. Später entwickelte es sich zu einer Vorform der Fuge.

André Cormiers Stück heißt "Suchen Rosa Rorans Bonitatem". Vor lauter Suchen läuft man in Gefahr, die verdienstvollen Kursteilnehmer nicht zu erwähnen, die sich zusammen mit dem Flötisten Raphael Gärtig auf die mühsame Suche begaben. Es waren Nicolas Stegmann (Violine), Robin Streeb (Viola) und Annalena Mittlmeier (Violoncello). Bei anderen Stücken wirkten noch mit Klaus Weber und Simon Schachtner (Violoncello). Endlich konnte Guido Schiefen das Konzert mit einer Meisterleistung beschließen. Er spielte die berühmte Ciacona aus der Partita d-Moll für Violine solo von Johann Sebastian Bach auf dem Violoncello solo - ein Nonplusultra an Virtuosität.

Das Meisterkonzert des Europäischen Musikworkshops von Markus Kreul in Altomünster findet am Donnerstag, 4. April, 19.30 Uhr im Dachauer Schloss statt. Der Eintritt ist frei.

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