Süddeutsche Zeitung

Musikkabarett in der Dachauer Schranne:Heimatliebe

Lesezeit: 3 min

Harald Scharnbeck und Martin Ehrensberger treten gemeinsam schon seit Jahren als Duo "Samma(A)kustisch" auf, doch die Freiheit, "nicht auftreten zu müssen, sondern zu dürfen", haben sich die beiden Oberpfälzer bewahrt

Von Renate Zauscher, Dachau

Über die Heimat zu singen, übers eigene Dorf und das, was einen dorthin immer wieder zurückzieht oder gleich ganz da bleiben lässt: In das Lebensgefühl unserer von Zukunftsängsten geplagten Zeit passt das ja eigentlich schon länger nicht mehr. Zwei, die sich dennoch trauen, genau das zu tun, sind Harald Scharnbeck und Martin Ehrensberger, zwei Oberpfälzer, die sich vor fünf Jahren nur per Zufall - über ihre Kinder - kennengelernt haben, obwohl sie nur wenige hundert Meter voneinander entfernt aufgewachsen sind und auch heute ganz in der Nähe des jeweils anderen leben. Und obwohl sie sehr ähnliche Interessen haben: die Liebe zur Musik und zu ihrer Heimat.

Gleich in den ersten Wochen nach ihrem vom Zufall bestimmten Kennenlernen haben Harald Scharnbeck und Martin Ehrensberger an die zwanzig Lieder zusammen geschrieben, haben sehr schnell eine erste und jetzt eine zweite CD produziert und treten mittlerweile als Duo "Samma(A)kustisch" mit viel Erfolg zusammen auf. Sie waren schon auf dem Tollwood in München zu hören, wurden mehrfach vom lokalen Fernsehen eingeladen und bereits mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet. Am Samstag konnte man das sympathische Duo in der Kulturschranne in Dachau mit ihrem Programm "Lieder vo Dahoam" kennenlernen.

Die Heimat, die Ehrensberger und Scharnbeck besingen, liegt irgendwo in der Oberpfalz, in einem kleinen Dorf zwischen Regensburg und Nürnberg. Das hört man den beiden Musikern und Sängern auch an: Ihr Bairisch hat den schönen, weichen Klang des Oberpfälzischen mit seinen charakteristischen Vokalen.

Musikalisch kommen die beiden Männer aus unterschiedlichen Bereichen. Harald Scharnbeck war jahrelang mit Coverversionen verschiedener Rockbands unterwegs, während Ehrensberger als Musiklehrer an einer Schule in Neumarkt schon aufgrund seiner Studienausrichtung eher aus dem klassischen Fach kommt. Beide sind ihrem bürgerlichen Beruf, im Fall von Scharnbeck dem des Baubiologen, treu geblieben - mit der als sehr positiv empfundenen Freiheit, "nicht auftreten zu müssen sondern zu dürfen", wie es Ehrensberger ausdrückt.

Er empfinde diese Freiheit als "ganz großen Luxus", den manch andere Musikgruppe nicht habe. Dass sich Scharnbeck und Ehrensberger schließlich doch noch über den Weg gelaufen sind, darf man als Glücksfall betrachten. Glück deshalb, weil die beiden offensichtlich enormen Spaß am gemeinsamen Auftreten haben - und das ist auch für ihr Publikum ein Glück: Scharnbeck und Ehrensberger sind beide Vollblutmusiker und sie passen auch stimmlich gut zusammen. Scharnbeck spielt Gitarre, und Ehrensberger bringt gleich ein halbes Dutzend Instrumente mit auf die Bühne. Er sitzt am Piano, sein Tenorsaxofon und zwei Schlagzeugbecken immer in Reichweite, daneben spielt er Akkordeon und nimmt, wenn er besondere Akzente setzen will, auch die Melodika oder eine irische Bodhrán zur Hand. Das Ergebnis ist rockige, mal auch poetisch getragenere, immer aber stark rhythmisch strukturierte Musik. Dem Luxus, nichts zu "müssen", ohne ökonomischen Druck Musik machen zu können, verdanken die beiden Oberpfälzer wohl auch ihre lockere, sehr entspannt wirkende Bühnenpräsenz.

Da wird viel gelacht, viel mit dem Publikum kommuniziert, und wenn mal ein Text nicht mehr so ganz in Erinnerung ist, ist das alles andere als ein Malheur. Spielerisch, lustig geht es an diesem Abend in der Dachauer Kulturschranne zu, die Zuhörer lassen sich sehr schnell anstecken von der guten Laune der beiden Musiker und reagieren immer wieder mit Beifall und Zurufen.

Das liegt sicher auch daran, dass sich das Publikum in vielen der selbst geschriebenen Liedtexte offenbar wiederfindet. Sie handeln immer wieder vom "Glück, ein Bayer zu sein", von der Heimat, vom Gefühl der Zusammengehörigkeit. Manches reimt sich da gelegentlich sehr vorhersehbar, etwa wenn es - mit Blick auf das neu geborene Kind - heißt: "I werd immer bei dir sein, mein Herz ist dein". Aber dann gibt es immer wieder auch durchaus originelle Liedinhalte wie der einer Hommage an den alten, gemütlichen Gartenstuhl, aufs Spazierengehen oder das Paddeln auf der Altmühl - auf die kleinen, einfachen Alltagsfreuden eben.

"I möcht doch einfach bloß Mensch sein", singen Ehrensberger und Scharnbeck in einem ihrer letzten Lieder an diesem Abend - und sprechen damit ihren Zuhörern, die in den Refrain einfallen dürfen, ganz offensichtlich aus dem Herzen.

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Quelle:
SZ vom 10.02.2020
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