Süddeutsche Zeitung

Musik:"Mein weltweit neuartiges Instrument ist fertig"

Die coronabedingte Konzertpause hat Christian Benning dafür genutzt, die Arbeit an seinem "Hybrid-Percussion-Setup" zu perfektionieren. Daran tüftelt er schon seit Jahren. In der kommenden Woche tritt der Dachauer Musiker wieder auf

Interview von Lena Krafft

Zu Beginn dieses Jahres hatte der Dachauer Percussionist Christian Benning spektakuläre Solo-Debüts, unter anderem in der Hamburger Elbphilharmonie. Doch auch er bekam die Schattenseiten der Corona-Krise zu spüren. Konzerte wurden abgesagt oder verschoben, Tourneen entfielen. Nun hat er mit seiner Percussion Group am Tag der Deutschen Einheit am Samstag, 3. Oktober, um 11 Uhr ein Engagement auf dem Brunnenhof Open Air in der Münchner Residenz und freut sich auf das Publikum. Auf dem Programm steht Beethoven (Karten im Vorverkauf auf www.muenchenticket.de).

SZ: Herr Benning, was kann man sich unter Percussion denn vorstellen?

Das ist tatsächlich eine Frage, die ich oft gestellt bekomme. Im Prinzip jedes Instrument oder auch Objekt, das man musikalisch schlagen und bespielen kann. Orchesterschlagzeug, Pauken, Trommeln, Drumsets, aber auch melodische Instrumente wie Xylofon oder Glockenspiel. Neben den konventionellen Schlaginstrumenten können aber auch ganz unkonventionelle Gegenstände wie zum Beispiel Blumentöpfe, Radkappen oder Rohre verwendet werden.

Ihr aktuelles Programm heißt ja "Beathoven": Beethoven und Schlagzeug, wie passt das zusammen?

Für das Beethovenjahr hatte ich mir überlegt, Werke von Beethoven aufzugreifen und mit vier weiteren Schlagzeugern zu zeigen, dass seine geniale Musik absolut zeitlos ist und man sie auch mit ganz anderen Instrumenten interpretieren kann. In unseren Arrangements, die exklusiv von und für uns geschrieben worden sind, kommt zusätzlich noch stilistische Vielfalt, indem wir Latin und Jazz in den klassischen Ursprung mit einfließen lassen.

Also wird es auch am Tag der Deutschen Einheit Beethoven zu hören geben?

Unter anderem - es wird ein schöner Mix. Wir spielen sowohl Originalliteratur, die für Schlagzeug in entsprechender instrumentaler Besetzung komponiert worden ist, aber auch Arrangements von Bach, Beethoven oder Ravel, die für diese Besetzung adaptiert worden sind.

Wie sah Ihr bisheriges musikalisches Jahr aus?

Es ging für mich eigentlich ganz wunderbar los mit erstmaligen Solokonzerten in der Bremer Glocke, der Hamburger Elbphilharmonie, im Bonner Beethoven-Haus und auch in New York City. Dann ist ganz abrupt das musikalische Jahr von einem Tag auf den anderen auf Eis gelegt worden, wodurch bei mir national wie international über 30 Konzerte entfallen sind. Ursprünglich wäre ich zum Beispiel am 3. Oktober erstmals in Dallas (Texas/USA) aufgetreten. Ich habe versucht, diese Zeit anders zu nutzen, habe meine Doktorarbeit vorbereitet und zudem ein über fünf Jahre entwickeltes und weltweit neuartiges Instrument endlich fertigstellen können. Dass ich nach so vielen Verlegungen nun in wenigen Tagen ein Solokonzert mit meinem Ensemble im Brunnenhof spielen kann, freut mich außerordentlich. Damit kehrt für mich aus musikalischer Sicht auch wieder so ein bisschen Normalität ein.

Wie wird es in Zukunft - auch mit Corona - für Sie beruflich weitergehen?

Zunächst freue ich mich zum kommenden Semesterstart mein Master-Studium in München fortzusetzen. Zudem habe ich seit einigen Jahren ein langfristiges interdisziplinäres musik- und sportwissenschaftliches Projekt in Zusammenarbeit mit Dirk Nowitzki und dessen Mentor Holger Geschwindner. Außerdem konnte ich mit meinem neuartigen Hybrid-Percussion-Setup, das es weltweit bislang so noch nicht gab, in der vergangenen Woche die erste Aufnahme machen und hoffe, sie bald auch mal live aufführen zu können.

Es war trotz Corona also nicht alles ganz schlecht?

Ich habe einfach versucht, das Beste aus der gegebenen Situation zu machen, und dabei sitzen wir ja auch alle im gleichen Boot. Ich habe aber auch das Gefühl, dass in der Gesellschaft die Wertschätzung gegenüber Kunst und Kultur gestiegen ist: Musik, Theater, Kinos, Konzert- und Opernwesen, Museen. Dass das eben nicht selbstverständlich ist. Umso mehr freuen wir Musiker uns, dass - wenn auch erst mal nur vor kleinem Publikum - wieder etwas stattfinden kann. Seit August waren alle Konzerte ausverkauft. Daher hoffe ich auf einen gut gefüllten Brunnenhof.

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Quelle:
SZ vom 24.09.2020
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