Süddeutsche Zeitung

Skilift am Monte Kienader:"Langsam stirbt die Hoffnung"

Lesezeit: 3 min

Franz Heitmeier hat schon angefangen, den Skilift am Monte Kienader aufzubauen. Doch ob er dieses Jahr öffnen kann, bleibt abzuwarten.

Von Julia Putzger, Bergkirchen

Leise fielen die ersten Schneeflocken zu Beginn der Woche endlich auch im Dachauer Land und ließen durchaus winterliche Gefühle aufkommen. Doch an den sonst zu dieser Jahreszeit typischen Pistenspaß ist aufgrund der Corona-Pandemie und allen damit verbundenen Einschränkungen momentan nicht zu denken. Das betrübt nicht nur alle Wintersport-Fans und große Tourismusbetriebe im Süden Bayerns, sondern macht hier im Landkreis einen ganz besonders traurig: Franz Heitmeier vom Monte Kienader.

Sein kleines Skigebiet im Dachauer Hinterland ist quasi ein gallisches Dorf im Münchner Speckgürtel. In der näheren Umgebung gibt es keine andere Möglichkeit zum Skifahren, als den Hang hinter dem Hof der Familie Heitmeier in Bergkirchen hinunter zu flitzen. Seit 1971 bauen die Heitmeiers ihren Schlepplift jedes Jahr auf. Nicht wenige Dachauer standen am Monte Kienader zum ersten Mal auf Skiern. Doch aktuell sieht es trüb aus: Schon in der vergangenen Saison konnte Franz Heitmeier seinen Lift kein einziges Mal in Betrieb nehmen, das Wetter war einfach nie über einen längeren Zeitraum winterlich genug. Nun bahnt sich möglicherweise erneut eine "Nullrunde" an, wie Heitmeier es nennt. Denn ob die Skilifte in Bayern in dieser Saison ihren Betrieb aufnehmen dürfen, ist derzeit noch nicht vollends klar.

"Wir hoffen, dass es dann zumindest im Januar und Februar klappt"

Noch mindestens bis zum 20. Dezember ist im Freistaat kein Pistenspaß möglich, denn der Betrieb von Seilbahnen ist bis zu diesem Zeitpunkt untersagt. Danach wird es eine neue Infektionsschutzmaßnahmenverordnung geben. Doch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ließ bereits durchblicken, dass wohl eher nicht mit Lockerungen zu rechnen sei und Skifahren wenn überhaupt wohl erst nach den Weihnachtsferien möglich sein werde.

Zwar waren die ersten Schneeflocken in dieser Woche laut Heitmeier noch lange kein ernst zu nehmender Winter, sodass der Lift am Monte Kienader dieser Tage ohnehin noch nicht geöffnet hätte. Doch der Skiliftbetreiber vermutet: Diese Saison könnte - rein wettertechnisch - eine gute werden. "Es täte schon sehr weh, wenn wir dieses Jahr endlich mal wieder weiße Weihnachten hätten und dann nicht aufmachen dürften", bangt Heitmeier. Optimistisch bleibt er dennoch: "Wir hoffen, dass es dann zumindest im Januar und Februar klappt, um diese Jahreszeit läuft der Lift auch sonst am meisten." Allerdings habe er das vor zwei Wochen noch wesentlich optimistischer verkünden können als nach den jüngsten Aussagen des Ministerpräsidenten. "Schön langsam stirbt die Hoffnung", gibt der Bergkirchener Liftbetreiber zu.

Einschüchtern lassen hat Familie Heitmeier sich von der aktuellen Situation aber nicht: Der kleine Schlepplift am Monte Kienader ist bereits teilweise aufgebaut, die Helfer aus dem Familienkreis stehen in den Startlöchern. "Klar hätten wir sagen können, wir bauen dieses Jahr gar nicht auf. Aber wenn es dann doch geht, dann werden die Leute scharf wie Sau sein", wird Heitmeier euphorisch. Denn da die Wintersportler vermutlich über die Weihnachtsfeiertage nicht auf die Piste dürfen und der Skiurlaub in den Nachbarländern wohl ausfallen muss, glaubt Heitmeier, dass sie dann besonders gern zu ihm an den Monte Kienader kommen werden. "Das ist ja dann das einzige, was man machen kann."

Ganz unrecht dürfte er damit nicht haben. Denn Dachauer, die nicht am Monte Kienader, sondern in einem größeren Skigebiet lernen wollten, wie man in eleganten Kurven den schneebedeckten Hang hinunter gleitet, fuhren gern mit der Dachauer Skischule von Sport Strefling oder der Skiabteilung des ASV auf Skikurs. Letztere hat jedoch bereits alle Kurse in dieser Saison abgesagt, da sie "nicht annähernd in gewohnter Weise" durchgeführt werden können, wie es auf der Webseite heißt. Die Dachauer Skischule hofft indes noch darauf, Kurse anbieten zu können und hat vorerst nur die Fahrten in den Weihnachtsferien abgesagt.

Bedenken, dass sich jemand beim Skifahren am Monte Kienader mit dem Coronavirus ansteckt - sollte der Liftbetrieb denn möglich sein - hat Franz Heitmeier aus Bergkirchen nicht. Mit angeschnallten Ski könne man sich auch beim Anstehen am Lift ohnehin nicht zu nahe kommen und auf der Piste sei man sowieso ständig in Bewegung. Engeren Kontakt hätten im Normalfall nur Familienmitglieder, und auch an der Liftkasse, wo noch jede Fahrt einzeln abgeknipst wird, gibt es schon immer eine Trennscheibe. "Von dem her macht die ganze Diskussion für mich keinen großen Sinn", gibt Heitmeier zu. Denn schlussendlich sei Skifahren eigentlich nichts anderes als Spazieren.

In einem online veröffentlichten Statement der Dachauer Skischule heißt es ebenfalls, dass Sport und Bewegung in der Natur grundsätzlich das Einhalten von Abstandsregeln ermöglichen. Weiter betont Skischulleiterin Daniela Gaßner dort, dass Wintersport den Menschen "Halt, Motivation, Perspektive" gebe und "bei der psychischen und physischen Alltagsbewältigung" helfe.

Trotz der derzeit unsicheren Lage gibt es eine gute Nachricht für alle großen und kleinen Skifahrer im Landkreis: Selbst wenn der Skilift am Monte Kienader in dieser Saison erneut keine Gäste hätte, ans Aufgeben denkt Familie Heitmeier nicht. "Ich hoffe nicht, dass mir jetzt die Lust vergeht. Solange wir noch Arbeitskräfte haben, muss der Lift schon noch eine Weile laufen", erklärt Heitmeier und meint damit unter anderem seine Kinder und seine Eltern, die ihn beim Liftbetrieb tatkräftig unterstützen. Die Unkosten, die der Lift, auch ohne in Betrieb zu gehen, verursacht, könne er noch einmal decken, sagt Heitmeier und fasst schließlich zusammen: "Die Einnahmen sind für mich nicht überlebenswichtig, aber es hängt doch viel Leidenschaft dran. Wenn das jetzt ein schöner Winter wird und wir nicht aufsperren können, dann tut das schon weh. Aber noch sind wir zuversichtlich."

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SZ vom 04.12.2020
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