Mode und Style:Geschäft auf Zeit

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Heidi Strigl, Janet Reichardt und Kathrin Schneider verkaufen Kleidung und von ihnen selbst gefertigte Geschenkartikel in Pop-up-Stores - Läden, die nur kurz bestehen. Kundinnen erhalten auch Tipps, welche Farbe zu ihnen passt

Von Anna-Elisa jakob, Dachau

So wie es die tragische Qualität der Eintagsfliege ist, in kürzester Zeit alle Möglichkeiten des Lebens auszuschöpfen, ließe sich von einem "Eintagsladen" dasselbe behaupten: Es ist ein Geschäft auf Zeit, häufig als Pop-up-Store angekündigt, und basiert auf dem Wunsch, Produkte trotz der Flüchtigkeit der Verkaufsfläche zu etablieren. Es macht also Sinn, dass "MomsUnited" statt dem englischen Begriff lieber das Wortspiel mit der Fliege wählten. Am Freitagnachmittag ploppte ihr "Eintagsladen" in der Dachauer Altstadt auf, bereits am Samstagabend wurde das Schaufenster wieder geschlossen.

Die Kurzlebigkeit beflügelt bei den Betreiberinnen Ansporn und Anspannung zugleich. Denn natürlich können Heidi Strigl, Janet Reichardt und Kathrin Schneider kurz nach Ladenöffnung noch nicht wissen, ob ihr Konzept an diesen zwei Tagen aufgehen wird. Noch stehen sie allein in dem mit Produkten gut gefüllten Raum und warten auf mögliche Interessenten. Am Rand sind Kleiderstangen mit Frauen- und Kinderkleidung aufgebaut, in der Mitte liegen auf einem Tisch Geschenkartikel, und die halb geöffnete Tür im hinteren Teil des Ladens soll später in den Arbeitsbereich von Janet Reichardt führen. Die Begeisterung der Frauen für ihr gemeinsames Projekt überspielt jedoch jegliche Aufregung - "selbst wenn niemand vorbeikommt, machen wir uns einfach zwei schöne Tage und trinken Sekt", lacht Reichardt.

Auch eine Stil- und Farbberatung gehören zum Angebot. In den Geschäften auf Zeit warten auf die Kundinnen unentdeckte Möglichkeiten der Modewelt. (Foto: Toni Heigl)

Eine halbe Stunde später wirkt die Sorge bereits unbegründet. "Hast du den Rock auch da, den ich letztes Mal anprobiert habe?", fragt eine der Kundinnen, die sich mittlerweile in dem engen Verkaufsraum in der Jocherstraße tummeln. Gerichtet ist diese Frage an Heidi Strigl, die ihre Kleidung normalerweise online verkauft und gerade dabei ist, die ersten Sektgläser zum Anstoßen zu füllen. Einen kleinen Moment wirkt es so, als würde sie sich in dem entstehenden Durcheinander aus der Ruhe bringen lassen, doch dann reicht sie die Gläser an Kathrin Schneider weiter und widmet sich der Suche nach dem besagten Rock. Obwohl das Trio immer nur für zeitlich begrenzte Projekte zusammenfindet, wirkt es bereits eingespielt.

Janet Reichardt ist Stylingberaterin. Normalerweise fährt sie zu ihren Kundinnen und Kunden nach Hause, inspiziert deren Kleiderschränke, empfiehlt, was ihnen steht und hilft beim typgerechten Einkaufen. Zum Beispiel bietet sie ein Komplettpaket an, das in sechs Stunden "dein neues Ich" hervorholen soll. Das kostet dann knapp 500 Euro. In dem Pop-up-Store in der Dachauer Altstadt ist dafür weder genug Platz noch genug Zeit, die Kundinnen sollen einfach hineinschnuppern können, welch unentdeckte Möglichkeiten der Modewelt auf sie warten. In dem kleinen Hinterraum des Ladens hat Reichardt deswegen einen Spiegel mit Tageslicht aufgebaut; auf einem selbstgebastelten Schild steht "Kleine Farbberatung". Während sie sich für eine Farbberatung ansonsten rund eineinhalb Stunden Zeit nimmt, möchte sie ihren Kunden hier mit einem kurzen Moment zeigen, welche Wirkung die Farbe ihrer Kleidung haben kann. Heidi Strigl steht zum Test bereit und nimmt vor dem Spiegel Platz. Zuerst wird ein weinroter Schal umgelegt - "das betont bei ihrem Typ leider Rötungen und Augenringe" -, dann ein knallroter - "das wirkt auch noch nicht" -, zuletzt ein Schal in altrosa. Mit dieser Wirkung sind beide Frauen zufrieden. "So viele Frauen tragen häufig schwarz - obwohl ihnen das gar nicht so gut steht", erklärt Reichardt. Vorhin hatte sie bereits Heidi Strigl - heute in schwarzer Schürze - mit diesen Worten scherzend ermahnt. Die reagierte prompt mit einem grünen Schal, den sie aus ihrer Tasche zog und sich um den Hals band.

Kathrin Schneider, Janet Reichardt und Heidi Strigl bieten in ihren Pop-up-Stores selbstgefertigte Geschenkartikel aus hochwertigen Materialien an - etwa die "Paulinchen", Kirschkernkissen in Form bunter Nilpferde. (Foto: Toni Heigl)

Nun wuseln die drei durch den Laden, um sie herum interessierte Kundinnen, zwischendrin wird Reichardt von ihrer Tochter angerufen. Alle drei Frauen sind Unternehmerinnen und Mütter. "Man kennt also die Herausforderungen, vor denen auch die anderen stehen", erklärt Heidi Strigl, und auch das ist Teil des gemeinsamen Konzeptes. Sie und Janet Reichardt hatten sich bei einem Treffen kennengelernt, das von einem Münchner Frauennetzwerk organisiert wurde. Hier entstand zwischen den beiden schnell die Idee eines gemeinsamen Pop-up-Stores - die eigene Arbeit gemeinsam präsentieren, sich und die persönlichen Produkte zeigen. "Dazu gehört ja auch ein bisschen Mut", wirft Reichardt ein. Kathrin Schneider wurde erst etwas später Teil des Trios. Sie und Reichardt wohnten im selben Haus und arbeiteten teilweise zusammen daran, Schneiders "Paulinchen" herzustellen. Das sind Kirschkernkissen in Form kleiner, bunter Nilpferde, die heute in der Mitte des Ladens liegen. "Die werden gerne verschenkt, wenn es ein Baby im Freundeskreis gibt oder ein Geburtstag ansteht", sagt Kathrin Schneider. Sowohl ihre Produkte als auch die von Heidi Strigl lebten von den hochwertigen, nachhaltigen Materialien und der liebevollen Herstellung. Das lässt sich natürlich am besten selbst ansehen und erfühlen, wenn die Produkte wie hier präsentiert seien. "Produkte, die man hier kauft, werden vielleicht zu Lieblingsstücken", hofft Schneider.

Vier Mal haben die drei Frauen bereits einen gemeinsamen Shop auf die Beine gestellt, zwei davon in München, zwei in Dachau, immer begrenzt auf wenige Tage. Bisher sei das immer gut angekommen, meint Reichardt. Ein bisschen fällt mit dieser Gewissheit auch die Anspannung ab, der Ansporn und die Begeisterung bleiben. Verschrieben haben sich "MomsUnited" ja den "schönen Dingen des Lebens". Umso besser, wenn diese in der Hektik des Eintagsladens nicht untergehen und etwas Zeit bleibt, auch für ein Gläschen Sekt.

© SZ vom 14.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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