Mobilität:Zähfließend in die Zukunft

Lesezeit: 3 min

Nur mit positiven Anreizen könne man jemanden bewegen, auf das eigene Auto zu verzichten, sagt Herbert Grebenc. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Der BMW-Manager Herbert Grebenc fordert eine Verkehrswende und plädiert für weniger Ampeln und mehr Einbahnstraßen in Dachau

Von Andreas Förster, Dachau

Wer beim CSU-Themenabend aus der Reihe "Zukunft Dachau" dem Referenten, BMW-Bereichsleiter Herbert Grebenc, zuhörte, wähnte sich manchmal wie in einem Yoga-Seminar. Immer wieder sprach der Manager vom Fließen, vom Fluss oder vom Flow, von der ganzheitlichen Betrachtung der Dinge oder von der Entflechtung der Ströme. Natürlich ging es dabei nicht um die Harmonie von Körper und Geist, sondern um die Verkehrswende - oder die Mobilität der Zukunft.

Der Verkehr auf der Straße und Schiene müsse, betonte Grebenc, in fließender Bewegung sein. Das heißt: ohne Störungen, Ampeln, Unfälle und anderen Stau- und Frust-Auslöser. Das sei das Ziel aller Überlegungen von Städte- und Verkehrsplanern weltweit, berichtete der aus Dachau stammende Manager. Als Senior Vice President Real Estate ist Grebenc in der Welt unterwegs, um die aktuell 300 Bauprojekte des Münchner Automobilherstellers zu betreuen. Der Chef von etwa 3500 Mitarbeitern setzt sich dabei mit Verkehrsfragen und Stadtplanern vor Ort auseinander.

Bei seinem Vortrag wurde schnell klar: Das Thema Mobilität kann man nicht mehr nur für sich alleine betrachten. Wenn Wachstum gelingen soll, muss alles mit allem "im Fluss" sein, so Grebenc. Dazu gehören die einzelnen Verkehrsträger, also Auto, LKW, Bus, Bahn, Flugzeug, ebenso wie der Blick auf die gesamtgesellschaftlichen Aufgaben wie Arbeitsplätze, Wohnraum und Infrastruktur sowie die Digitalisierung. Grebenc betonte einmal mehr die Wichtigkeit des superschnellen Internetstandards 5G, einer Grundvoraussetzung für autonomes Fahren, Robotik und künstliche Intelligenz. Grebenc blickte nach China, wo 5G bereits verfügbar ist. Dort werde alles dem Fortschritt untergeordnet, sagte er. Die Regierung frage nicht, was es kostet, sondern: Ist es technisch machbar? Das gelte auch für die Mobilität.

Das autonome Fahren sei längst Realität, so Grebenc. Sein Fahrzeug fahre bereits alleine, nur müsse er wegen eines Gesetzes in Deutschland alle sieben Sekunden ans Lenkrad fassen. Jedenfalls werde diese Technologie ab 2021 massiv in den Markt drängen, glaubt er. Letztlich würden Autos Stoßstange an Stoßstange bewegt werden, während sich die Fahrer anderen Dingen zuwenden könnten. Im Idealfall könnten die Menschen direkt im Auto einstempeln.

Dass Letzteres schon bald Wirklichkeit werden könnte, zeigte Grebenc anhand des vom Dachauer Landrat Stefan Löwl (CSU) gewünschten und von BMW unterstützten S-Bahn-Anschlusses Breitenau. "Wir wollen dort Busse bereitstellen, die unsere Mitarbeiter zum Arbeitsplatz nach München bringen", sagte Grebenc. "Im Bus können sie einstempeln und über Wlan mit der Arbeit beginnen." Nur mit positiven Anreizen könne man jemanden bewegen, aufs eigene Auto zu verzichten.

Grebenc nannte weitere Beispiele, die auch hierzulande denkbar wären: So dürfe die Müllabfuhr, die in Dachau offenbar immer dann durch die Wohnsiedlungen fahre und die Straßen blockiere, wenn die meisten zur Arbeit müssen, in Mexico City nur nachts fahren. Das erwähne er nur als Gedankenanstoß. Praxistauglicher ist das Beispiel des London-Heathrow-Express: Der Zug fahre ohne Zwischenstopp von der Stadt zum Flughafen, am Bahnhof könne man bereits den Koffer einchecken, so Grebenc. Ein weiterer interessanter Ansatz sei die City-Maut in Singapur: Wer zu Stoßzeiten fahre müsse mehr bezahlen, dadurch werde das Verkehrsaufkommen spürbar entzerrt.

Schließlich plädierte Grebenc für konkrete Umbaumaßnahmen in und um Dachau. So könne der Durchfluss auf der staugeplagten B471 oder am Ende der A99 durch Kreisverkehre anstelle von Ampeln verbessert werden. Man brauche den Nord- und Südring sowohl für die S-Bahn als auch einen geschlossenen Ring für die Straßen rund um München. Innerhalb Dachaus könnten Einbahnstraßen wie der Altstadtring für LKWs auch an anderer Stelle für Entlastung sorgen.

Nach Grebenc ergriff der verkehrspolitische Sprecher der CSU-Stadtratsfraktion und designierte Oberbürgermeisterkandidat Peter Strauch das Wort. Er forderte, beim Thema Ausbau des Dachauer Busbahnhofs den Druck auf die Deutsche Bahn zu erhöhen - anders sei eine Taktverdichtung bei den Stadtbussen nicht zu erreichen. Außerdem brachte er eine neue Preisstruktur für die innerstädtischen Busverkehr ins Gespräch: 1,50 Euro pro Fahrt sei zu teuer, dafür würden zu wenige ihr Auto stehen lassen.

Zum umstrittenen Thema Nordost-Umfahrung betonte er die Position der CSU: Mit einer prognostizierten Entlastung von etwa 10 000 Fahrzeugen pro Tag könne man in Dachau LKW-Verbote oder 30er-Zonen einführen.

© SZ vom 25.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: