Mitten in Pfaffenhofen:Vernichten, bitte!

Sie wollen ein paar Akten verschwinden lassen? Kein Problem, kommende Woche ist das Schreddermobil wieder im Landkreis unterwegs

Glosse von Gregor Schiegl

Sie sind ein pfiffiger Finanzexperte, der dem Niedrigzinssystem den Kampf angesagt hat mit einem soliden Schneeballsystem, das die Anleger begeistert? Sie sind Chef eines erfolgreichen Familienunternehmens aus der Gastronomie, der wertvolle Dienstleistungen aus dem Unterlassungsgewerbe anbietet wie etwas das Kein-Nasenbruch-Sorglos-Paket? Sie sind Ingenieur und haben eine wegweisende Programmierung entwickelt, mit denen selbst PS-Wuchtbrummen auf dem Prüfstand sensationell emissionsarm laufen? Sie sind bei der Fifa? Dann kennen Sie das Problem: Plötzlich steht ein Pulk von Leuten vor der Tür mit Wäschekörben und es ist nicht die Vereinigung der Wäscherinnen und Wäscher. Es ist die Staatsanwaltschaft, die Ihnen an die Wäsche will.

Doch es gibt eine Lösung für das Problem: das Schreddermobil! Dieses Wunderding bringt Papier zum Schweigen und verhackschnitzelt jedes dunkle Geheimnis irreversibel zu Altpapierfilets. Am Mittwoch, 4. November, rollt das Entsorgungskommando wieder und hält von 16 bis 18 Uhr an einem verschwiegenen Ort in den dunklen Randgefilden des Landkreises: am Recyclinghof Wagenhofen am Gerda-Hasselfeldt-Ring. Pro Anlieferung wird eine Pauschale von fünf Euro erhoben: Schweigegeld, das sich in jedem Falle lohnt. Maximal zehn gefüllte Aktenordner können auf einmal abgegeben werden oder eine entsprechende Menge loses Papier. Ordner vorher zu entleeren ist nicht erforderlich, auch Folien und Heftklammern stören nicht.

Sollte man beabsichtigen, den Ordner mit Opas Belobigung von der Wehrmacht aus dem Familienarchiv zu tilgen, ist es dennoch ratsam, vorher das Eiserne Kreuz Erster Klasse zu entfernen. Früher machte man Orden noch aus Kruppstahl - kein Vergleich zum weichlichen Bundesverdienstkreuz heutiger Tage. Zivilisten können auch ihrer "Siegerurkunden" verklappen - das waren die Zettel, mit denen man nach mäßig erfolgreichen Bundesjugendspiel noch einmal amtlich gedemütigt wurde. Sorgen vor Indiskretion muss man sich keine machen. Erstens gilt allgemeine Maskenpflicht, zum anderen wird der Service vom Landratsamt bereitgestellt. Diese Behörde hat, wie man weiß, nicht mal genügend Leute, um zeitnah die Akten zu lesen, die auf ihrem eigenen Schreibtisch landen.

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