Manchmal beschweren sich Politiker über die Berichterstattung. Oder Vereinsmenschen, die sich nicht wichtig genug genommen fühlen. In diesen Situationen muss man ihnen eine schreckliche Wahrheit kund tun: Wir sind nicht ihre persönlichen Chronisten und PR-Fuzzis, sondern sind dem Leser verpflichtet. Und der will durchblicken, Weihrauchschwaden wären nur hinderlich. Damit sind wir schon beim Kern des Problems: dem Leser. Wer ist dieses tausendgesichtige, meinungsvielfältige, kritische Wesen?
Bei den Lesern unseres Online-Angebots sind wir mittlerweile gut im Bilde dank eines Programms, das in Echtzeit anzeigt, aus welchem Land, aus welcher Stadt gerade auf welchen Artikel zugegriffen wird, wie lange die Leute darin schmökern - sogar bis zu welcher Zeile. Dadurch wissen wir, dass die SZ Dachau eine Fangemeinde hat, die keineswegs nur von Hilgertshausen bis Karlsfeld reicht, sondern weltumspannend ist. (An dieser Stelle einen herzlichen Gruß an unseren unbekannten, aber treuen Leser aus Duncan, Oklahoma!) Vor wenigen Tagen ereignete sich etwas, das erst großes Erstaunen erzeugte. Und dann grenzenlose Ratlosigkeit. Von einem Moment auf den anderen war die Zahl der Online-Leser steil in die Höhe geschossen, 47 Leser aus Norwegen hatten sich auf einmal eingeklinkt. Nach einer Stunde waren sie mit den Texten offenbar durch und loggten sich binnen fünf Minuten wieder aus. Bis auf einen.
Jetzt fragen wir uns natürlich: Wer war der eine? Wer die 46 anderen? War das ein Deutschkurs aus Oslo, der ein bisschen üben wollte mit Geschichten aus und um Dachau? Sollten wir in Zukunft mehr über Stabkirchen im Landkreis schreiben? Über Walfang an Amper und Karlsfelder See? Über bayerische Elchwurst? Oder bietet die Exotik des Dachauer Landes, seiner sanften Hügel und seiner originellen Menschen nicht doch den eigentlichen Leseanreiz für die weltweite Community? Sachdienliche Hinweise werden von der Redaktion gerne entgegengenommen. Das Norwegisch-Wörterbuch ist schon bestellt.