Süddeutsche Zeitung

Mitten in Lansing:Semmelnknödeln beim Brunnerwirt

Im Heimatseriendorf ist die Welt noch in Ordnung. Nur was reden die da für eine komische Sprachen? Das fragt sich auch Gaststar Lilly Becker

Von Gregor Schiegl

Nach 35 Jahren und 1785 Episoden hat Deutschlands älteste Seifenoper "Lindenstraße" den Sendebetrieb eingestellt. Mutter Beimer, so meldeten es die Nachrichten, feierte in der Abschlussfolge ihren 80. Geburtstag, und weil man vom Virus mental schon total durchseucht ist, denkt man sich: Na, die alte Dame muss ja auch aufpassen wegen Covid-19 und so, besser sie bleibt mal für eine Weile in Quarantäne. Dabei sind Seifenopern, trotz ihrer vermeintlichen Alltagsnähe, Eskapismus pur, da darf es schäumen und schillern und fürs bayerische Publikum auch gern in weißblau.

"Dahoamaniacs" ahnen schon: Es geht um "Dahoam is dahoam", die Heimatserie des Bayerischen Rundfunks, die in einem pittoresken Kulissendorf in Dachau gedreht wird. Dort ist Bayern noch so wie in einem CSU-Werbefilm aus den Achtzigerjahren und diese heile Welt wirkt jetzt noch viel heiler, weil sich hier alle noch die Hand geben, wenn sie sich nicht gerade prügeln oder abbusseln, und wenn jemand in Lansing Mundschutz trägt, dann höchstens der Zahnarzt. Auch herrscht kein Mangel an vierlagigem Klopapier.

Weil mit einem Vorlauf von mehreren Wochen gedreht wird, läuft die Serie erst mal wie gewohnt weiter, absolut coronafrei, dafür mit dem Gaststar Lilly Becker, Interimsgattin von Bum-Bum-Boris. Mit dem Bairischen hat das in London lebende Model allerdings einige Schwierigkeit, wie die Deutsche Presseagentur berichtet. "Das ist wie eine andere Sprache, das ist schwierig", wird die 43-Jährige von DPA zitiert. "Ich habe den bairischen Text 15 Mal lesen müssen." Zu Frau Beckers Ehrenrettung sei gesagt, dass Bairisch in der Schriftsprache oft sehr exotisch wirkt, mal eher asiatisch wie in "D'Sun scheint schee" (Die Sonne scheint schön) oder wie ein trockenes Jodeln: "I lod di ei" (Ich lade dich ein). Entlastend ist auch der Umstand, dass der Lansinger Dialekt auch echten Experten des Bairischen Rätsel aufgibt: Dieses Bairisch existiert nirgendwo in der realen Welt; es ist eine Kunstsprache, aber sie fühlt sich halt irgendwie sehr "dahoam" an.

In der Folge "Gestehen oder nicht", die am kommenden Montag um 19.30 Uhr ausgestrahlt wird, schlüpft Lilly Becker übrigens in die Rolle der Linda. Die ist gerade auf der Durchreise und macht in Lansing Station, um ihre gute Freundin Fanny zu besuchen, die Köchin des Brunnerwirts. Man darf gespannt sein, ob sie dort von "Semmelknödel" reden werden oder doch eher von "Semmelnknödeln".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4866671
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 03.04.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.