Süddeutsche Zeitung

Mitten in Karlsfeld:Verwirrung à la Bahn

Das Eisenbahnunternehmen hat schon wieder die Schilder am Bahnhof ausgetauscht. Ob diese nun von Dauer sind, bleibt abzuwarten

Glosse von Jacqueline Lang

Klare Verhältnisse sind wichtig, vor allem in unsicheren Zeiten. Der Mensch braucht Dinge, auf die er sich verlassen kann in einer Welt, in der eine Pandemie von einen auf den anderen Tag alles auf den Kopf stellen kann. Ortsnamen und vor allem die Standorte ebenjener Orte können solche Konstanten sein - dachte man zumindest lange. Karlsfeld bleibt Karlsfeld bleibt Karlsfeld bleibt Karlsfeld. Denn die Gemeinde liegt zwar in unmittelbarer Nähe zur Landeshauptstadt, gehört aber doch auf ewig zum Landkreis Dachau. Da gibt es nichts zu rütteln - dachte man zumindest.

Offenbar ist es so leicht dann aber doch nicht. Zumindest nicht, wenn es nach der Deutschen Bahn geht. Erst im Dezember des vergangenen Jahres sorgte das Unternehmen für Verwirrung, als ein Mitarbeiter die Schilder an der S-Bahn-Haltestelle "Karlsfeld" austauschte und danach in weißer Schrift "München-Karlsfeld" auf dem blauen Schild stand. Ein Pressesprecher der Bahn sprach damals auf Nachfrage von einem Fehler, der bald behoben werden würde. Das nahm man zu diesem Zeitpunkt so hin, im Nachhinein betrachtet ist der Sachverhalt aber wohl deutlich komplexer.

Denn wenn man länger darüber nachdenkt, dann hatte die neue Beschilderung wahrscheinlich in Wahrheit etwas mit dem 2019 überarbeiteten Netzplan zu tun. Denn seit es keine Ringe mehr gibt sondern Zonen, gehört Karlsfeld tatsächlich zumindest aus Sicht der Bahn - beziehungsweise des MVV - eher zu München als zum Landkreis. Zumindest wenn zur Kasse gebeten wird und darauf kommt es im Kapitalismus ja schließlich an: Karlsfeld gehört dabei genauso zur Zone M wie der Münchner Marienplatz, am nahegelegenen Dachauer Bahnhof ist man schon in Zone 1 und zahlt mehr für sein Ticket. Zumindest daran hat auch das Schilder-Chaos nichts geändert.

Doch was hatte all das dann überhaupt zu bedeuten und vor allem: Bleibt es jetzt bei Karlsfeld als Name für die Bahnhofsstation oder heckt die Bahn womöglich schon wieder etwas Neues aus? Zuzutrauen wäre es ihr, immerhin ist das Unternehmen vor allem in Sachen Pünktlichkeit schon immer für eine Überraschung gut gewesen. Warum also nicht die Fahrgäste noch ein bisschen mehr verwirren durch ausgedachte Ortsnamen? Allerdings wäre dann ein bisschen mehr Kreativität wünschenswert. Wie wäre es statt Karlsfeld etwa mit Kleinmünchen?

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Quelle:
SZ vom 28.04.2021
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