Mitten in Karlsfeld:Irrational und gefährlich

Für manche Verkehrsteilnehmer ist ein Kreisverkehr vor allem dazu da, den kürzesten Weg von A nach B zu finden

Kolumne von Walter Gierlich

Im Duden-Bedeutungswörterbuch heißt es kurz und knapp, der Kreis sei "eine geometrische Figur". Statt einer näheren Beschreibung verweisen die Autoren des Bibliographischen Instituts auf die beigefügte Abbildung. Na klar, wie man sich noch aus der Schulzeit erinnert, ist der Kreis das Gebilde, dessen Umfang 2πr ist und dessen Fläche mit der Formel π mal Radius im Quadrat berechnet wird. π ist jene irrationale Zahl 3,14159 usw., an deren unendlichen Ziffern hinter dem Komma sich Mathematiker und Softwareentwickler bis heute abarbeiten, um weitere Billionen von Stellen darzustellen.

Doch nun von der mathematischen Theorie in die alltägliche Praxis, also den Kreisverkehr auf unseren Straßen. Anders als die geometrische Figur, die weder Anfang noch Ende hat, hat der runde Verkehrsknoten für Autofahrer oder Radler gleich mehrere davon. Am Place de l'Etoile mit dem Arc de Triomphe in Paris sind es gleich zwölf Avenuen, die je nach Betrachtung aus dem Rund hin- oder wegführen. So viele finden sich am Karlsfelder Kreisverkehr nicht, wo Krenmoosstraße, Falken und Georg-Queri-Straße zusammentreffen. Zugegeben, dieser hat bei weitem nicht die Dimensionen des Pariser Paradeplatzes. Doch waghalsige Fahrmanöver kann man auch hier beobachten, wo Zufahrten zur Grund- und zur Mittelschule, zu mehreren Kindergärten und zum Gewerbegebiet der 22 000-Einwohner-Gemeinde liegen. Und vor allem in der morgendlichen Stoßzeit ist das Verhalten mancher Verkehrsteilnehmer bisweilen genauso irrational wie die Kreiszahl π. Dass viele Kfz-Lenker entgegen den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung beim Verlassen des Kreisverkehrs nicht blinken, ist noch das Wenigste. Schließlich scheint die Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers ohnehin am Aussterben zu sein. Und obwohl überall Schilder darauf hinweisen, dass derjenige Vorfahrt hat, der sich bereits im Kreis befindet, braust so mancher einfach hinein, als gehöre ihm die Straße allein. Was dann zu einem ausgiebigen, lautstarken Hupkonzert führt. Und dann gibt es noch welche, die es offenbar besonders eilig haben und gleich die Abkürzung nehmen: von der Krenmoosstraße aus links an der Insel vorbei in die Georg-Queri-Straße. Irrational - und gefährlich.

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