Mitten in Karlsfeld:Illegale Siedler

Bauen bei Nacht und ohne Papierkram - so machte man das nach dem Krieg. Bis heute hat die Gemeinde Karlsfeld ihre liebe Not, die sogenannten Mondscheinsiedlungen zu legalisieren. Dafür braucht es juristische Spitzfindigkeit

Von Gregor Schiegl

Zu den großen Verdiensten des vor einem Jahr verstorbenen Karlsfelder Altbürgermeisters Bruno Danzer gehört die Legalisierung der sogenannten Mondscheinsiedlungen. Nach dem Krieg bewiesen Karlsfelds Siedler große Tatkraft, aber wenig Sinn für Papierkram. Mit vereinten Kräften zogen sie nachts Häuser hoch, wo es ihnen gerade passte. Mit Baugenehmigungen hielt man sich nicht lange auf. Tatsächlich genießen diese Bauten von Rechts wegen Bestandsschutz. Das Problem: Falls das Haus abbrennt oder abgerissen wird, steht man mit einem Grundstück ohne Baurecht da.

In Karlsfeld war das Thema Schwarzbauten schon fast ein Kapitel für die Geschichtsbücher. Doch 1999 bekam die Gemeinde im Zuge eines Flächenaustauschs mit der Stadt München die Splittersiedlung "Am Burgfrieden". Und diese hundertprozentige Schwarzbausiedlung mit etwa zwei Dutzend Häusern treibt die Gemeinde langsam zur Verzweiflung: Nicht mal mit den verrücktesten juristischen Verrenkungen scheint es möglich zu sein, das Areal in das Korsett der Gesetze zu pressen: Nördlich der Siedlung beginnt das Gewerbegebiet. Dort wird gearbeitet, das erzeugt Lärm. Und der ist im Wohngebiet nur in sehr begrenztem Maße zulässig. Der Versuch, den Burgfrieden als Mischgebiet zu deklarieren, wo es auch ein bisschen lauter sein darf, ist gescheitert. "Wir haben das Thema immer wieder intensiv diskutiert", erklärte die stellvertretende Bauamtsleiterin Simone Hotzan am Dienstag in der Sitzung des Gemeinderats. "Aber wir landen immer wieder am selben Punkt: dem Immissionsschutz."

Nun scheint der Gemeinde gemeinsam mit den Fachbehörden ein Durchbruch gelungen zu sein. Ein Passus in den Verwaltungsvorschriften zum Lärmschutz erlaube bei einer besonderen "Gemengelage" ein Wohngebiet mit verringertem Lärmschutz, erläuterte Hotzan. SPD-Gemeinderat Franz Trinkl staunte und wollte wissen, ob die Gemeinde diesen "Joker" denn auch bei anderen Bauvorhaben ziehen könne, wenn das Landratsamt sich mal wieder wegen Lärmschutzbedenken quer stellt, was in Karlsfeld recht oft passiert. Aber diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Die Gemeinde kann froh sein, wenn sie die Illegalen am Burgfrieden zu rechtmäßigen Einwohnern machen kann. Immerhin, den Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan am Burgfrieden gibt es jetzt schon.

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