Süddeutsche Zeitung

Mitten in Karlsfeld:Hitzige Diskussion

Wenn es heiß ist, wird der Sitzungssaal des Karlsfelder Rathauses zur Sauna. Das kann für Kommunalpolitiker und Zuhörer schweißtreibend sein

Kolumne von Christiane Bracht

Ach, wie angenehm: heftiger Regen am Montag, bewölkt am Dienstag und auch heute sind die Temperaturen wunderbar kühl. In anderen Jahren hätte man furchtbar geschimpft: Was für ein Sommer! Doch heuer ist man richtig froh, wenn man mal ein paar Tage durchschnaufen kann. Die Hitze der vergangenen Woche - kaum zu ertragen. In den Büros lief der Schweiß. Aus jeder Ecke kam ein Stöhnen. Auch Karlsfelds Bürgermeister Stefan Kolbe schaute recht verzweifelt drein. Den Sitzungssaal im obersten Stock des Rathauses zu betreten und nicht sofort wieder die Flucht zu ergreifen, es kostete schon einige Überwindung. Kolbe hing in seinem Sessel und wedelte sich mit einem Schreibblock hilflos etwas Luft zu. Den ganzen Tag hatte die Sonne auf der Fensterfront gestanden. Es war wie ein Gang in die Sauna. Doch es standen wichtige Entscheidungen an. Die Gemeinderäte erschienen pflichtbewusst. Aber auch viele Bürger nahmen trotz erschwerter Bedingungen im Zuschauerraum hinten Platz. Die häufigen Klagen über Politikverdrossenheit - in Karlsfeld sind sie jedenfalls nicht angebracht. Denn ein Bad im nahen See wäre für alle sicher bedeutend angenehmer gewesen, als schweißtriefend den Ausführungen der Planer zu folgen.

Als man gerade dachte, schlimmer kann es eigentlich kaum noch sein, meldete sich eine Dame von hinten: "Man versteht hier nichts, können Sie nicht lauter sprechen?" Da schaute die Verwaltung betreten zu Boden. Im Karlsfelder Sitzungssaal gibt es weder eine Klimaanlage noch ein Mikrofon. Beim großen Umbau 2007 regierte der Sparzwang. An diesem Tag zeigte er sich von seiner bittersten Seite. Unter den ungläubigen Blicken aller ließ Kolbe die Fenster schließen. Nun verstand man zwar besser, was auf dem Ludl-Grundstück passieren soll. Aber bis in kürzester Zeit hatte man das Gefühl nicht nur zu zerfließen, sondern auch langsam zu ersticken. Vier Stunden mussten Bürger und Kommunalpolitiker so ausharren. Einziger Trost: Der Umbau des Sitzungssaals ist bereits beschlossen. Klima- und Mikrofonanlage auch. So einen Abend wird es wohl nicht mehr geben.

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Quelle:
SZ vom 31.07.2019
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