Mitten in Karlsfeld:Das Nichts wird sichtbar

Warum Udo Scheidt das ehemalige Karlsfelder Loch nicht einfach so verschwinden lassen möchte und diverse Relikte nun dem Heimatmuseum übergibt

Von Walter Gierlich

Ein Loch ist ja eigentlich ein Nichts mit einem Rand drumherum. Aber nicht jedes Nichts ist deswegen bedeutungslos. Was wäre eine Flöte ohne Tonloch? Ein klangloses Trumm Holz. Was wäre ein Golfplatz ohne Löcher? Vielleicht eine Kuhweide, aber kein Ort, an dem US-Präsident Trump seine Wochenenden verbringt. Und über einem Ölkonzern ohne Bohrloch würde in freudiger Erwartung der Pleitegeier schweben.

Man sieht, das Nichts mit Rand ist halt doch ein Etwas, selbst wenn dieses nur ein Schlagloch ist. Davon hat Karlsfeld jetzt nach dem frostigen Winter auch wieder einige, aber die sind ja nun wirklich nicht allzu bedeutend - falls man nicht mit dem Fahrrad deswegen zu Fall kommt. Und groß sind sie auch nicht. Jedenfalls nicht im Vergleich zu jenem Loch, für das Karlsfeld von 2009 bis 2014 weltberühmt war - zumindest im ganzen Landkreis Dachau. Und der Spott über die mehr als zwei Hektar große Grube, in der schon mal zeitweise Wasser zum Bade einlud, Witzbolde einen Liegestuhl samt Schirm aufgestellt hatten oder ein Dixi-Klo einen Blickfang in der tristen Kiesöde bot.

Tempi passati, wie die Italiener sagen. Heute steht dort in Beton gegossen Karlsfelds Neue Mitte und von der einstigen Sehenswürdigkeit, die so manchen Schaulustigen angelockt hatte - und sei es nur aus Schadenfreude - ist nichts mehr zu sehen. Sie ist spurlos verschwunden.

Spurlos? Nein, so ganz stimmt das nicht, denn Udo Scheidt aus der Rothschwaige mochte das Karlsfelder Loch nicht so einfach verschwinden lassen, vor allem nicht, nachdem er Karikaturen seines Freundes Wolfgang Seehaus zu dem Thema entdeckt hatte. Der Künstler hatte einige Visionen mit dem Zeichenstift festgehalten, was mit der riesigen Baugrube anzufangen wäre - vom Dino-Park bis zur glasüberdachten Therme. Scheidt verstaute sie in einer Glasröhre, eine zweite füllte er mit Sedimenten aus dem Loch und einem winzigen Sonnenschirm. Dazu sammelte er alle Zeitungsartikel dazu, die er auftreiben konnte.

Und schließlich beschaffte er sich ein handliches Relikt der Spundwand, die die Grube umrandet hatte. Und das alles übergab er dieser Tage dem Heimatmuseum, dessen Leiterin Ilsa Oberbauer das Geschenk freudig entgegennahm. Kein Wunder: Schließlich grenzte ihr Garten direkt ans Loch. Und wer hat nicht gerne bleibende Erinnerungen an fünf Jahre enger Nachbarschaft.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: