Mitten in Hebertshausen:So eine Gaudi

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Beim Weiberfasching am unsinnigen Donnerstag geht es in den Rathäusern traditionell recht bunt zu. Doch in Hebertshausen hat der Bürgermeister eine ziemlich eigenwillige Idee

Kolumne von Helmut Zeller

So ganz haben sich die Faschingsliebhaber von dem Schock noch nicht erholt: Da hat ein Landkreisbürgermeister doch wirklich den Unsinnigen Donnerstag völlig umgestülpt und unter die Knute des Patriarchats gebracht. Statt zum Hexensturm aufs Rathaus traten die Hebertshauserinnen zu Kniebeugen und Liegestützen an - dirigiert von Bürgermeister Richard Reischl (CSU). Nun muss man da nicht gleich Sexistisches wittern, es war doch alles nur Spaß, auch wenn er wenig originell mit dem Rollenklischee von den allzeit Süßigkeiten naschenden Frauen spielte. Fitnessübungen, damit sie nicht dick und fett werden, so ungefähr erklärte Reischl - der übrigens nicht wie andere Kommunalpolitiker einen Bierbauch trägt - die Faschingsgaudi. Gendermäßig betrachtet, ist das dann doch eher eine ernste Angelegenheit, die nicht ohne Folgen bleiben wird für die Identität des weiblichen Bevölkerungsanteils, des größeren im Landkreis.

Wie auch immer, für traditionsbewusste Närrinnen und Narren ging jedenfalls mit dem Weiberfasching an diesem Tag ein Stück Heimat die Amper in Hebertshausen runter. Nun ist es ja nicht so, dass die CSU, die sich ein Heimatministerium als Austragshof leistet, nicht schon früher etwa für Großbauprojekte wie die Isentalautobahn Heimat aufs Spiel gesetzt hätte. Inzwischen ist die einst so mächtige Partei ohnehin nur noch verwirrt und befürchtet, den Wähler nicht mehr in den Griff zu bekommen. Entsetzen hat sich bereit gemacht: Großdemonstrationen in München, das Volksbegehren gegen das Artensterben.

Ein Ortsverband nach dem anderen entdeckt plötzlich das Insektensterben und ruft mit schrillgrüner Stimme: Rettet die Bienen! Da springt einen fast schon das Mitleid an, mit den doch früher so betonharten Strategen einer Heimatverschönerung durch Bodenversiegelung und Glyphosatausbringung. Das Label CSU macht es auf dem Wahlzettel eben nicht mehr allein. Das hat wohl auch Reischl verstanden, ein Meister der Selbstinszenierung, der sich mal durch einen Brandbrief an die Parteispitze ins Zentrum der medialen Aufmerksamkeit bis rauf nach Flensburg rückte.

Geschehen ist zwar damals nichts, aber Reischl ist noch nicht am Ende, wie er am Weiberfasching zeigte. Als "Mr. Perfect" und als "Brad Pitt der Landkreisbürgermeister" hat er sich mit blonder Perücke, Sonnenbrille und Drei-Tage-Bart präsentiert - so wie man sich halt in der bayerischen Provinz einen Hollywoodstar vorstellt. Es reicht nicht mehr, nur am Stammtisch eine gute Figur abzugeben. Ministerpräsident Söder hat Stefan Löwl zum "schönsten Landrat Bayerns" gekürt, Reischl tritt vermutlich als Brad Pitt an - zur Auswahl für die anderen stehen noch Leonardo DiCaprio, Johnny Depp, Tom Cruise und andere. Aber wird das reichen, 2020, bei der Kommunalwahl?

© SZ vom 02.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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