Süddeutsche Zeitung

Mitten in Erdweg:Gütesiegel für die Liebe

Wenn der Tüv ausläuft, kann das unter Umständen ziemlich unangenehm werden. Und nein, an dieser Stelle ist nicht der Tüv beim Auto gemeint...

Kolumne von Jacqueline Lang

Es gibt wahrscheinlich wenige Organisationen, die so deutsch sind wie der Technische Überwachungsverein, kurz der Tüv. Die Prüforganisation führt Sicherheitskontrollen durch und stellt sicher, dass gesetzlich festgelegte Standards eingehalten werden. Besonders bekannt sind diese Untersuchungen bei Kraftfahrzeugen: Alle paar Jahre muss man mit dem Auto zur Kontrolle. Nur wenn alles passt, darf das Auto weiter am Verkehr teilnehmen.

Nicht nur Autos, auch die Ehe sollte man aber nun scheinbar regelmäßig auf den Prüfstand stellen: Die Katholische Landvolkshochschule Petersberg bietet am 6. Oktober bereits zum wiederholten Male einen sogenannten Ehe-Tüv an, ein Seminar, das - na klar - von einem Pfarrer geleitet wird. Das diesjährige Thema: "Miteinander reden - Einander verstehen". "Beim diesjährigen Ehe-Tüv wollen wir darauf schauen, wie wir miteinander kommunizieren und was für ein gegenseitiges Verständnis sich daraus ergibt", heißt es in der Programmbeschreibung. So weit, so nachvollziehbar.

Trotzdem bleiben viele Fragen: Gibt es für langjährige Ehen, die in einem erhaltungswürdigen Zustand sind, ein H-Kennzeichen und gelten für diese dann andere, eigentlich veraltete Standards? Was um Himmels willen passiert mit Ehen, die so irreparabel sind, dass ihnen nicht einmal ein Pfarrer guten Gewissens noch eine neue Tüv-Plakette ausstellen kann? Hat man die Möglichkeit, noch einmal nachzujustieren, wenn bei der ersten Kontrolle noch nicht alles passt? Und: Ist es nicht schier lebensgefährlich, das so viele Ehen scheinbar ohne Tüv an der Gesellschaft teilnehmen? Übrigens: Seltsamerweise kann man sich nicht nur als Paar, sondern auch alleine für das Seminar anmelden.

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Quelle:
SZ vom 21.09.2019
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