Süddeutsche Zeitung

Mitten in Egenhofen:Fremdsprache Bairisch

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Wer nicht versteht, was "umma Fimfal an Duranand" bedeutet, für den ist der bairische Mundarttag in der Furthmühle eine perfekte Lernlandschaft des bairischen Dialekts

Kolumne Von Robert Stocker

Ja, wo samma denn hier eigentlich? Geografisch gesehen zweifellos im Münchner Umland. Wenn man die Menschen auf der Straße oder in Geschäften reden hört, könnte es aber auch Castrop-Rauxel oder Hoyerswerda sein. Denn viele Münchner sprechen nicht mehr im bairischen Dialekt, sondern pflegen das Hochdeutsche oder Sächsische. Kein Wunder, dass sie den bairischen Dialekt kaum verstehen. Die Zugezogenen haben sich das bayerische Motto "mia san mia" zu eigen gemacht und auch die sprachliche Hoheit übernommen. Wen wundert's: Nur etwa jeder dritte Münchner ist in der Stadt geboren.

Der bairische Dialekt ist vom Aussterben bedroht. Seit 2009 steht er auf der UNESCO-Liste der gefährdeten Sprachen. Folglich sind immer weniger Kinder des Bairischen mächtig. Viele Kleinkinder werden in Krippen und Horten betreut - die meisten Betreuerinnen sprechen kein Bairisch. In den 70er und 80er Jahren war der Dialekt als hinterwäldlerisch verpönt. Lehrer und Erzieher wurden angewiesen, mit den Kindern Hochdeutsch zu sprechen. Mittlerweile gibt es aber auch Bestrebungen, den Dialekt zu retten. Kindergärten geben für die Kleinen Bairischkurse. Da lernen sie dann, was "Griaß di" heißt. Oder: "Mogst du mi, mog i di, danzma mitananda, du und i." Ist das nicht traurig, mitten in Bayern?

Andererseits macht diese Dialekt-Nachhilfe durchaus Sinn. Denn wenn diese Kinder erwachsen sind und einen Partner - sagen wir einmal - aus Niederbayern haben, verstehen sie wenigstens, was ihnen der Partner sagen will. Das Problem kam neulich im Radio zur Sprache. Demnach fühlt sich ein Partner ausgegrenzt, wenn sich der andere im tiefsten Slang mit seinen Freunden unterhält und er selbst nur noch Bahnhof versteht. Soll dann der eine Partner auf den anderen Rücksicht nehmen, indem er grundsätzlich nur noch Hochdeutsch spricht? Oder soll der des Bairischen nicht kundige Partner - also ein Zugezogener - sich seiner neuen Umgebung anpassen und Bairisch lernen? Gelegenheit dazu hätte er beispielsweise beim altbairischen Mundarttag, der jetzt zum sechsten Mal in der historischen Furthmühle bei Egenhofen über die Bühne geht. Dort sind viele Experten versammelt, die Lernbegierigen sicherlich Hilfe geben. "Umma Fimfal an Duranand" ist er überschrieben. Weiß der Geier, was das bedeuten soll.

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Quelle:
SZ vom 09.11.2018
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