Mitten in der S-Bahn:Im Triebwagen nach Lummerland

Manche Umbenennungen sind unverzeihlich und schaden der Reputation

Von Walter Gierlich

Seit Sonntag ist es wieder einmal so weit: Das Fahren mit dem Münchner Verkehrsverbund ist teurer geworden, allen Beteuerungen der Politik zum Trotz, dass sie die Bürger zum Umsteigen vom Auto auf den öffentlichen Nahverkehr bewegen will. Doch letztlich lässt es sich verschmerzen, wenn die Streifenkarte der Münchner S-Bahn jetzt 13,50 Euro kostet. Schließlich haben die Träger des MVV dafür auch das Angebot ausgebaut und schicken mehr Buslinien durch Städte und Landkreise, selbst in bisher schmählich vernachlässigte Gebiete wie das Himmelreich. Nicht das biblische natürlich, sondern den Dachauer Ortsteil.

Verzeihen kann man der S-Bahn München, die ja das Rückgrat des MVV bildet, irgendwie sogar die Verspätungen. Obwohl das gerade jetzt im Winter schwerfällt, wenn man bibbernd auf einem zugigen - welch passendes Wort - Bahnsteig ausharren muss, ohne per Lautsprecherdurchsage zu erfahren, warum. Schließlich können die Verantwortlichen für den Fahrbetrieb nichts dafür, wenn sich Personen im Gleis herumtreiben oder wieder einmal im Herbst völlig unvorhergesehen Laub oder im Winter Schnee auf den Schienen die Züge zur Temporeduzierung zwingt. Woher soll man denn wissen, dass so etwas passieren kann.

Man kann selbst ein wenig Verständnis dafür aufbringen, dass Schaffner heute Zugbegleiter heißen. Vielleicht will man damit ans - längst erloschene - Renommee der Luftfahrt anknüpfen. Schließlich wurden dort die Frauen, die einst den Traumberuf Stewardess anstrebten, in Flugbegleiterinnen umbenannt. Eine andere Umbenennung aber ist unverzeihlich, die der Autor dieser Zeilen am Samstagabend in einem Wagen der S 2 in einem Stellenangebot der Deutschen Bahn entdeckte. Mit Schrecken dachte er, dass sich der Schriftsteller Michael Ende im Grab umdrehen und die Marionettenspieler der Augsburger Puppenkiste vor Entsetzen gruseln und Millionen Kinder in Tränen ausbrechen müssten, wenn sie mitbekämen, dass der kleine Jim Knopf heutzutage mit Lukas, dem Triebwagenführer, nach Lummerland reist.

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