Mitten in der Region:Veni, vidi, Whiskey

Wenn der Nachwuchs sich nicht für Latein begeistern mag

Kolumne von Carolin Fries

Irgendwann war die Entscheidung gefallen, und zwar für Latein. Nein, an dieser Stelle wird jetzt nicht das Für und Wider des Lernens einer sogenannten toten Sprache diskutiert werden. Alea iacta est. Es geht vielmehr um das hehre Ziel der Eltern, die anfängliche Begeisterung des Nachwuchses, wenn schon nicht am Lodern, so doch wenigstens am zarten Glühen zu halten, von wegen non scholae, sed vitae discimus. Also bemüht man sich, anregende Literatur bereitzuhalten (die Asterix-Gesamtausgabe), das Vokabelpauken mit leichter Nahrung zu unterstützen, denn plenus venter non studet libenter, und immer einen fröhlichen Spruch auf den Lippen zu tragen. "Per aspera ad astra" etwa. Oder ein bisschen strenger: "Ora et labora!"

Wer in vergleichbarer Situation ist, wird zustimmen, dass die kindliche Begeisterung für Latein trotz stetiger Bemühungen der Elternschaft äußert flatterhaft ist. Da hilft irgendwann auch keine Bestechung mehr nach dem Motto "pecunia non olet". Die Mutter mahnt: "Tempus fugit!" Der Vater fordert: "Sapere aude!" Und beide müssen doch feststellen: "Suum cuique!" Vielleicht war's doch die falsche Entscheidung. Von wegen veni, vidi, vici: Summa summarum hat das Kind keinen Bock mehr auf Deklinieren und Konjugieren. Es lebt nach dem Motto "nosce te ipsum" - erkenne dich selbst. Und steht damit nicht allein.

Neulich in der Postfiliale: In der Warteschlange weiter vorne steht ein Herr mittleren Alters mit schwerer Lederjacke. Darauf drei Worte: "Veni, vidi, Whiskey". Auch ein Verzweifelter! Jaja, in Whiskey veritas. . .

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