Mitten in der Region:Malz für die Balz

Auf der Suche nach neuen Einsichten über das Leben und die Menschen sollte der aufgeschlossene Bürger und Gaststättenbesucher jede greifbare Wissensquelle nutzen - zum Beispiel Bierdeckel

Kolumne von Wolfgang Schäl

Auf der Suche nach neuen Einsichten über das Leben und die Menschen sollte der aufgeschlossene Bürger und Gaststättenbesucher jede greifbare Wissensquelle nutzen. Er sollte sich beispielsweise nicht zu schade sein, auch mal den Aufdruck eines Bierdeckels genauer zu studieren. Zunächst nur aus Langeweile, dann aber mit steigendem Interesse hat man dieser Tage eine dieser Filzunterlagen in Augenschein genommen, die das Traunsteiner Hofbräuhaus, einst Hauptpächter der Dachauer Schranne, als kleine Fortbildungsmaßnahme für die Besucher der Wolfratshauser Flößereigaststätte auf die Tische legt. Wie sich herausstellte, ist der Filzkarton nicht nur eine wertvolle Orientierungshilfe für die Bedienungen, die hier die Zahl der Bierbestellungen per Strichcode festhalten. Er bereichert auch all jene, die sich historisch weiterbilden wollen, mit einem Exkurs zur Brauereigeschichte, zumal zum Werdegang des Weißbiers.

Dieser reicht, wenn man dem kleinen bunten Werbeträger glauben darf, bis ins Jahr 1612 zurück, nämlich bis hin zu Kurfürst Maximilian I. und dessen Traunsteiner Untertanen. Das wäre allein schon interessant genug, zumal der erwähnte Maximilian nach allgemeiner Lesart bislang doch eher als strenger Verteidiger des Katholizismus denn als Förderer des Weißbiers in die Geschichte eingegangen ist. Der kleine Text endet nun aber in eine These, die, so sie denn stimmt, in den vergangenen dreihundert Jahren einen großen Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung in Bayern gehabt haben könnte: "Hopfen und Malz erleichtern die Balz!" heißt es da.

Wer jetzt an den Auerhahn denkt, sollte sogleich den Bierdeckel umdrehen, denn da ist ein hübsches Bild zu sehen: Ein schneidiger Bursch busselt eine strahlende Kellnerin mit ziemlich tief ausgeschnittenen Dirndl ab, die wiederum über die Schulter des kühnen jungen Herrn hinweg ein schäumendes Weißbierglas anhimmelt. "Hilft in Sekunden, wirkt für Stunden", steht oben drüber, was für den unbedarften Betrachter die Frage aufwirft, welcher Art die Wirkung dieser Wunderdroge denn sein könnte. Etwa als Balzhilfe? Man war bislang der Meinung, dass Bier eher müde macht. Der Frage wird aber demnächst mit einer eigenen Versuchsreihe nachgegangen.

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