Mitten in der Region:Danke für den Monolog

Was man alles erfährt, wenn man nicht fragt...

Von WOLFGANG SCHÄL

Die meisten Menschen reden gern und ausladend über sich, hingegen gibt es nach unserer Erfahrung nur ganz wenige, die sich ernsthaft für die Befindlichkeit ihres Gegenübers interessieren. Diese wenig höfliche, wenngleich verbreitete Form der Einwegkonversation ist mitunter verstörend, andererseits sind solche Plappertaschen willkommene Opfer für hungrige Kolumnisten wie unsereinen.

Und man findet sie überall, beispielsweise in einer bayerischen Wirtschaft, in der sich unlängst die Agnes an unseren Tisch gesetzt hat. Sie heißt anders, und auch ihr Hund hört nicht wirklich auf den Namen Bobo, aber der Schutz des Informanten ist uns heilig, auch des vierbeinigen. Die Agnes also hat uns eine halbe Stunde lang zugetextet und uns genauestens erläutert, warum der Bobo ihr Herzinnigstes, Liebstes, ihr Ein- und Alles ist und warum er in ihrem Bett schlafen darf, wohingegen sie ihren zweibeinigen Lebensgefährten am liebsten aus dem Haus schmeißen würde.

Der interessantere Teil dieser Dreiecksgeschichte aber ist Bobo: Er hat rechts ein pechschwarzes und links ein strahlend hellblaues Auge. Sowas sieht man nicht alle Tage, aber es gibt eine Erklärung: Da hatte sich an Bobos Mama ein Husky zu schaffen gemacht. Klar, dass wir dazu eine Menge Fragen gehabt hätten. Hatte Bobos Vater auch ein buntes und ein schwarzes Auge, kann der halbe Husky-Bobo einen Schlitten zum Nordpol ziehen, schwitzt er im Sommer, sieht er die Welt schwarzblau? Das alles hätte uns interessiert, aber ganz plötzlich haben sich Agnes und Bobo verabschiedet. Ende des Monologs. Andernfalls hätten wir vielleicht noch von unserem Kater erzählt, der richtig auf die Toilette gehen konnte, mit den Vorderpfoten auf der Klobrille. Wäre vielleicht auch ganz lustig gewesen. Aber so ist das leider mit der Einwegkonversation. Es redet nur einer.

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