Mitten in Dachau:Viel Platz, wenig Alternativen

Ist das Glas halb voll oder halb leer - das ist Ansichtssache. Wenn allerdings vor dem Parkhaus in der Dachauer Altstadt das Schild "Besetzt" prangt, die allermeisten Stellplätze aber noch frei sind, dann ist das knallharter Pessimismus der Stadtwerke

Von Walter Gierlich

Ist das Glas halb voll oder halb leer? Darüber kann man prächtig streiten - und am Ende bleibt es halt doch nur Ansichtssache. Dass es nicht nur bei Gläsern bisweilen fraglich ist, welchen Befüllungsgrad sie haben, war unlängst in Dachaus Altstadt exemplarisch zu erleben. Samstagabend. Die Parkplätze am Straßenrand sind vollgeparkt und selbst Halteverbotsschilder an Baustellen konnten so manchen Autofahrer nicht daran hindern, das Fahrzeug genau da abzustellen. Schließlich ist der Dachauer sparsam und will die zwei Euro, die es abends kostet, seinen Wagen im Parkhaus an der Wieningerstraße zu lassen, lieber in der Kneipe zahlen. Für ein halbes Glas Bier reicht die eingesparte Gebühr allemal.

Doch wer es vorzieht, eine endlos lange Suche und dreimaliges Kreisen um die Altstadt zu vermeiden, was wahrscheinlich an Benzinkosten der vermeintlich gesparten Parkgebühr entspricht, der fährt eben gleich ins Parkhaus. Aber dort ist an diesem Samstag alles anders. Das zeigt sich dem Autofahrer an diesem Abend schon beim Hineinfahren. Er hält am Automaten und versucht immer wieder, einen Parkschein zu ziehen. Vergeblich. Es dauert eine Zeit, bis er schließlich seinen Blick nach vorne richtet und bemerkt, dass die Schranke an der Einfahrt gar nicht geschlossen ist. Offenbar ist die hochmoderne elektronische Anlage kaputt und so das Parken diesmal ohnehin kostenlos. Nichts wie rein und gleich aufs oberste Parkdeck. Gerade einmal zwei einsame Pkws stehen dort, mehr als ein Dutzend Stellflächen sind zum Aussuchen parat. Also Auto abstellen, während nun ein zweiter Wagen raufkommt und gegenüber parkt.

Dann geht es zu Fuß hinunter zur Wieningerstraße, um endlich ins samstägliche Abendvergnügen zu starten. Überraschung. Knallig rot gegen den dunklen Abendhimmel leuchtet unten an der Einfahrtsrampe am Parkhausschild das Wort "BESETZT". Wie kann das sein? Hat man dort nicht soeben mit eigenen Augen viele freie Stellflächen gesehen? Aber vielleicht gehören ja die Stadtwerke als Betreiber des Parkhauses zu den Pessimisten, deren Stellplätze bereits halb voll sind, wenn Optimisten allerhöchstens von halb leer sprechen würden. So mancher Autofahrer, der an diesem Abend weit außerhalb der Altstadt parken musste, nachdem ihn das Besetzt-Zeichen von der Nutzung des Parkhauses abgehalten hatte, kann sich immerhin damit trösten, dass er seinen ungewollt langen Spaziergang bei lauem Frühlingswetter genießen konnte.

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