Mitten in Dachau:Verirrt im Siedlungseinerlei

Wenn alle Häuser irgendwie gleich aussehen, kann man sich schon mal in der Tür irren - oder im Fenster. Kein Wunder, dass die Nachbarin einen Einbrecher vermutet und die Polizei ruft

Kolumne von Robert Stocker

Wer als Ortsfremder in den Vorstädten von Los Angeles eine bestimmte Adresse sucht, kann leicht ins Schwimmen kommen. Die Wohnviertel wurden statisch am Reißbrett geplant, die Straßen führen schnurgerade durch die Siedlungen und kreuzen sich im 90-Grad-Winkel. Eine Ecke gleicht also der anderen, was im übrigen auch für die Häuser und Zäune gilt. Kleine Unterschiede sind bestenfalls in den Vorgärten zu erkennen. Hier eine Palme, beim Nachbarn ein Kaktus.

Auch hierzulande neigen Stadtplaner immer wieder dazu, einen architektonischen Einheitsbrei aus dem Boden zu stampfen. In manchen Stadtvierteln sind die Mietskasernen austauschbar, Reihenhäuser sehen wie eineiige Zwillinge aus. Mit fatalen Folgen für die Bewohner, die manchmal die Orientierung verlieren. Besonders dann, wenn sie nach einer durchzechten Nacht ihr Zuhause suchen. Ein Augsburger entdeckte einen 17-Jährigen schlafend in seinem Bett. Der betrunkene Jugendliche hatte die Wohnung aufgebrochen - eigentlich wollte er zu einem Freund, der eine Tür weiter wohnt. In der Gemeinde Mainhardt in Baden-Württemberg staunte eine Frau nicht schlecht, als sie einen nackten Mann unter ihrer Dusche entdeckte. Die Frau verbarrikadierte sich panisch in einem Zimmer und alarmierte die Polizei. Der betrunkene Mann war sich sicher, dass er zu Hause war. In Wahrheit wohnte er einige Straßen weiter und hatte sich im Haus geirrt. Noch kurioser ist ein Fall aus Rosenheim. Dort hämmerte ein Mann an eine Wohnungstür, die er für seine eigene hielt. Eine ältere Dame öffnete ihm. Sie konnte ihn aber nicht davon abhalten, sich in ihrer Wohnung schlafen zu legen. Erst die Polizei konnte den Mann aus seinen süßen Träumen holen.

Welche Folgen es haben kann, wenn alles irgendwie gleich aussieht, hat jetzt auch ein 26-jähriger Dachauer festgestellt. Er hatte sich am Sonntag kurz nach Mitternacht aus seiner Wohnung in der Münchner Straße ausgesperrt. Über das Bad wollte er wieder in die Wohnung gelangen und drückte das Fenster ein. Sein Pech: Es war das Badezimmerfenster seiner 24-jährigen Nachbarin. Sie hatte verdächtige Geräusche gehört und daraufhin die Polizei verständigt. Als die Beamten eintrafen, war der junge Mann bereits verschwunden. Eine Streifenbesatzung nahm den Fall auf. Doch der war überraschenderweise schnell gelöst. Denn der 26-Jährige informierte die Nachbarin per Handy über sein Missgeschick. Dass er tatsächlich der Übeltäter war, ergab ein Vergleich seiner Schuhsohlen mit den Spuren im Schnee. Alkohol, so die Polizei, war nicht im Spiel. Der Mann hatte einfach nur die Fenster verwechselt.

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