Süddeutsche Zeitung

Mitten in Dachau:Schneller als die App erlaubt

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Dank modernster Technik sollen Polizisten nun ganz bequem Verwarnungen ausstellen können. Bleibt die Frage, wie man die vor Wut zusammengeknüllten Knöllchen ersetzt?

Glosse von Gregor Schiegl

Heute schon auf dem Radlstreifen geparkt? Mit achtzig Sachen durch die Ortschaft gebraust? Nein? Oder bei Rot über die Kreuzung gebrettert? Auch nicht? Da verpassen Sie aber was, hochmotorisierte Freundinnen und Freunde des Fortschritts! Die Beamtinnen und Beamten im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord, zu dem auch das weitverzweigte Dachauer Straßenland zwischen Karlsfeld und Petershausen gehört, haben jetzt nämlich die "mOwi-App" am Start, die wahrscheinlich bahnbrechendste Erfindung seit Einführung der Polizeikelle.

Was klingt wie ein digitales Kooperationsmodell von Star Wars und Baumarkt, wurde vom Bayerischen Polizeiverwaltungsamt in Straubing in Zusammenarbeit mit dem Polizeipräsidium Mittelfranken und dem Bayerischen Landeskriminalamt entwickelt, also von den hellsten Köpfen der Verbrechensbekämpfung im Freistaat. Mit der neuen App können die Beamten jetzt bequem Verwarnungen ausstellen. Und auch der Delinquent hat was davon. "Die so Verwarnten können nun mithilfe eines Smartphones oder eines Computers den vorgeworfenen Tatbestand selbst ansehen", heißt es dazu in einer Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord. Anschließend bestehe die Möglichkeit, "einen entsprechenden Überweisungsträger aufzurufen, um das Verwarnungsgeld zum Beispiel über Online-Banking sofort zu bezahlen". Man kann nur noch staunen, was hierzulande schon alles möglich ist ohne Faxgeräte und berittene Boten.

Langfristig soll dieses neue Wunderdings sogar den Strafzettel als solchen ablösen. Das bedeutet, dass man seine Wut anders kanalisieren muss als früher, als man aus dem Knöllchen kurzerhand erst mal ein Knüllchen machte, ehe man es wieder glattstrich, um die geforderte Summe zu begleichen. Aber vielleicht kommt dazu ja schon bald eine entsprechende Wut-App auf den Markt, es gibt ja genügend technikaffine Wutbürger. Das neue Programm könnte man dann ganz innovativ "FckUCops"-App nennen.

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Quelle:
SZ vom 23.11.2021
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