Mitten in Dachau:Platz ist in der kleinsten Amtsstube

Mitten in Dachau: Im Foyer des Dachauer Rathauses in der Altstadt hängt schon seit Jahren ein großes Kruzifix.

Im Foyer des Dachauer Rathauses in der Altstadt hängt schon seit Jahren ein großes Kruzifix.

(Foto: Toni Heigl)

Ministerpräsident Söder will es so: Von diesem Freitag an müssen in allen "Dienstgebäuden des Freistaats deutlich wahrnehmbar" Kreuze hängen. Das ist aber gar nicht so leicht. In der Polizeiinspektion Dachau zum Beispiel hängt das davon ab, ob das Kreuz pünktlich eingetroffen ist.

Kolumne von Viktoria Großmann

In der Dachauer Polizeiinspektion geht es wirklich ziemlich eng zu. Auch im Eingangsbereich. Deshalb ist den Beamten auch noch nicht ganz klar, wohin sie das Kreuz hängen sollen, dass nun Pflicht ist. Von diesem Freitag an müssen in allen "Dienstgebäuden des Freistaats deutlich wahrnehmbar" Kreuze hängen. Ob das in der Polizeiinspektion Dachau der Fall sein wird, hängt davon ab, ob das Kreuz in dieser Feiertagswoche pünktlich eingetroffen ist. Denn es ist nicht so, dass jemand von der Dienststelle selbst loslaufen und sich vielleicht ein Kreuz oder ein Kruzifix mit Jesusfigur selbst aussuchen durfte und zum Beispiel aus der Kasse für besondere Auslagen bezahlen musste. Das Ministerium denkt mit, hat einen Großeinkauf getätigt und versorgt nun flächendeckend alle Einrichtungen mit Kreuzen.

Für manche dürfte dabei ein Zweit- oder Drittkreuz herausspringen. Im Landratsamt etwa hängt ein in der Gestaltung schlichtes, aber in seiner Größe doch wuchtiges Kreuz im Sitzungssaal und bewacht die Gedanken und Reden der Kreisräte. Der Landrat lässt sich von einem eigenen mit einem Maienbusch geschmückten Kruzifix beschützen. Allerdings ist noch gar nicht raus, ob das Landratsamt, das ein kommunal-staatlicher Zwitter ist, nun eigentlich von dem Erlass betroffen ist, oder nicht. In anderen Landkreisen hat die Vorgabe jedenfalls wenig Freude ausgelöst. "Was soll das aussagen?", fragt sich der Münchner Landrat Christoph Göbel. Sein Starnberger Kollege Karl Roth (beide CSU) findet den Aufwand bei fünf Eingängen etwas übertrieben. Außerdem schätzt er das Kreuz als religiöses Symbol, "aber nicht als Vertretung Bayerns".

Das Problem der vielen Eingänge kommt auch in anderen Behörden auf. Etwa beim Finanzamt Dachau oder dem Amtsgericht, dass sich über mehrere Gebäude verteilt. Betroffen sind außerdem Grundbuchamt und Bereitschaftspolizei. Als untergeordnete Stellen müssen Kfz-Zulassungsstelle, Straßenmeisterei und Gesundheitsamt kein eigenes Kreuz anschaffen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Kreuze zentral versendet werden", sinniert eine Dame in einem der Ämter. "Da könnte es doch bei dieser großen Menge zu Engpässen kommen."Außerdem müsse so ein Kreuz auch zur Einrichtung passen. Was für weltliche Sorgen. Der Herrgott findet auch in der kleinsten Amtsstube Platz.

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