Mitten in  Dachau:Paartherapie nach dem Kartoffelsalat

In der Zubereitung öffnet sich ein tiefer Graben zwischen Süddeutschand und dem Rest der Republik. Er verläuft entlang der Mayonnaise-Anhänger und der Befürworter der lauwarmen Essig-Öl-Variante

Von Viktoria Großmann

Beim Kartoffelsalat hört das Vertrauen in den Ehepartner auf. Dieses verschwiegene und tabuisierte Thema endlich auf den heimischen Küchentisch zu bringen, hat sich der Essenslieferdienst Deliveroo zur Aufgabe gemacht. Er beauftragte das Marktforschungsinstitut Innofact mit einer repräsentativen Befragung von 1021 Deutschen. Das Ergebnis zeigt ein flächendeckendes Misstrauen unter Liebenden: Nur 20 Prozent der befragten Männer essen den von der Ehefrau hergestellten Kartoffelsalat gern. Die anderen 80 Prozent essen ihn offenbar nur, weil die Grillwürstchen alle sind und sie wieder vergessen haben, Brot zu kaufen. Kommen die Männer daher selbst auf die Idee, Kartoffelsalat zuzubereiten, machen sie nur sechs Prozent aller befragten Ehefrauen eine Freude. Das erklärt zum einen, warum am Ende aller Feiertage und Grillfeste immer soviel Kartoffelsalat übrig ist, und zum anderen, warum Frauen darauf bestehen, Gemüse auf den Grill zu legen: Irgendeine Beilage muss sein.

Banal ist das nicht. Auf diesem Konfliktherd zwischenmenschlicher Beziehungen kocht ein Gefühl beinahe über: die Eifersucht. 27 Prozent der Männer und 30 Prozent der Frauen finden nämlich: Mama kann das am besten. Vielleicht auch Papa. Innofact ist geschlechtsneutral vorgegangen. Nicht wenige Paare werden eine Paartherapie brauchen, um herauszufinden, dass die Liebe zu Mamas Kartoffelsalat nicht die Künste der Partnerin infrage stellt, sondern einfach ein Indiz dafür ist, dass der Ehemann eine ausgesprochen glückliche Kindheit hatte. An dieses wonnige Gefühl erinnern im Zweifel auch in fettiger Mayonnaise ertränkte, ansonsten ungewürzte, verkochte Kartoffelscheiben.

Überhaupt Mayonnaise. Muss ja nicht sein, darf eigentlich überhaupt nicht sein, finden 46 Prozent aller Süddeutschen. Die anderen 54 Prozent müssen zugezogen sein. Anders lässt sich die dominante Vormachtstellung der Essig-Öl-Variante nicht erklären. Ziel der süddeutschen Variante ist ja die Herstellung einer möglichst gleichförmigen, gelben Masse, die 48 Prozent auch noch am liebsten lauwarm neben dem Schnitzel liegen sehen. Das können nur 13 Prozent aller Norddeutschen nachvollziehen. Solche Ehen sind zum Scheitern verurteilt. Zu überlegen ist eine entsprechende Klausel im Ehevertrag.

Eine zweite oder auch letzte Chance kann natürlich der Lieferdienst bieten. Gemeinschaftliche Ablehnung schweißt ja bekanntlich zusammen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass Männer endlich mal aufhören, die gekaufte Variante als ihre eigene Arbeit auszugeben und wirklich selber Kartoffeln pellen. Schlimmer als sechs Prozent Ablehnung kann es eigentlich nicht werden. In der Zwischenzeit dürfen die Frauen an den Grill. Immer mal das Streitobjekt wechseln - auch das hält Ehen am Leben.

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