Mitten in Dachau:Nachtmusik in Moll-Miau

Der "Dachauer Musiksommer" ist vorbei. Jetzt kommt der Katzenjammer - jeden Abend, pünktlich ab 23 Uhr

Von Gregor Schiegl

So ein bisschen Regen bringt einen Open-Air-Besucher ja nicht gleich um, aber dieses Jahr war es doch ein bisschen too matsch mit dem Regen. Reihenweise fielen die Konzerte ins Wasser. Es blitzte, es schiffte und stürmte. Nur der "Dachauer Musiksommer" blieb weitgehend verschont, hier war es trocken, wenn auch manchmal ein bisschen falsch temperiert. Das lag auch am Chill-Faktor. In der Meteorologie gilt das Wetter unsinnigerweise ja gerade dann als besonders chillig, wenn Nässe und Wind alles noch kälter erscheinen lassen und es statt der realen sechzehn gefühlte neun Grad hat wie auf Island im Herbst. Eyjafjallajökühl sozusagen.

Zum Glück hat jetzt eine neue, heiße Musiksaison angefangen: der Dachauer Katzensommer. Konzertbeginn ist nach Einbruch der Dunkelheit, die Vorstellung ist gratis, die Musiker kommen direkt vors Haus, Mia, Pascha oder Cat Stevens, man weiß nie so genau, wer da gerade maunzt. Man weiß auch nicht, ob der Künstler schon mal ein Platte gemacht hat oder wenigstens ein Youtube-Video. Dann geht es wieder los, pünktlich um 23 Uhr intoniert ein stimmgewaltiges Vieh ein guttural gequengeltes Mauaaaahhi. Ein Stimmumfang wie die Callas, ein Talent wie Daniela Katzenberger und ein Selbstbewusstsein wie Dieter Bohlen. Katzen kennen keine Scham.

Und jetzt ein Solo: Miaaaahaauiiiiii! Pause. Auswürgen eines Haarbällchens. Dann der Refrain: Numaieiiiiii! Moment! Numaiei? War das nicht aus dem Song "Dragostea din teï" von der rumänischen Dance-Pop-Combo O-Zone? Nöööööö, quengelt es unter dem Lindenbaum, und der Nachbar nebenan betritt den Balkon und klatscht. Was für ein Banause. Die Katze zieht beleidigt ab. Numiauiiii! Diese Darbietung zielt weder auf Geld ab noch auf Applaus. Es ist alles nur aus Liebe. Miiiihaahauiiii! Hier ist Independent noch echt independent.

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