Mitten in Dachau:Katzenjammer auf Ebay

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Tierschützer und Polizei kommen einer Tierhändlerin auf die Schliche

Von Gregor Schiegl

Schon praktisch, das Internet. Auf Ebay zum Beispiel findet man Ersatzteile zu Dingen, die längst nicht mehr produziert werden, von der Oldtimerfelge bis zum DDR-Küchenquirl. Umgekehrt kann man das Gerümpel aus dem Keller noch prima für kleines Geld verscherbeln. Manchmal werden auf der Online-Handelsplattform auch Tiere zum Verkauf angeboten. Das Dachauer Landratsamt berichtet nun von einer Einkaufsaktion, die man eher als Rettungsmission bezeichnen müsste und die ein mahnendes Beispiel ist für unseren Umgang mit Tieren. Mitglieder des Bundes für Katzenfreunde München waren auf eine Ebay-Anzeige gestoßen. Ein kleines Kätzchen, das man angeblich gefunden hatte, stand für 80 Euro zum Verkauf. Der Preis wurde, wie es in der Pressemitteilung heißt, dann auf 40 Euro "reduziert". Um das Tier zu retten, entschloss man sich, das Tier zu kaufen. Man muss sich das alles sehr konspirativ vorstellen, so wie die Lösegeldübergabe nach einer Entführung. Als Übergabeort für die kleine Samtpfote wurde seitens der Verkäuferin ein Parkplatz vorgeschlagen, Übergabezeitpunkt: ein Uhr nachts. Nachdem die mysteriöse Dame nicht erschien, wurde erneut ein Treffpunkt ausgemacht, wieder an einem Parkplatz. Die Frau stieg nicht aus, sie wollte erst das Geld und überreichte dann ein schwer krankes Katzenkind durchs Fenster. Hätten die Tierfreunde das Tier nicht übernommen, hätte es ohne tierärztliche Behandlung nicht mehr lange zu leben gehabt.

Schon am nächsten Tag wurde erneut eine Anzeige auf Ebay geschaltet. Dieses Mal wurden zwei Katzenkinder für je 120 Euro angeboten, und es bedarf nicht viel kriminalistischen Gespürs, um darauf zu kommen, dass es sich hierbei um gewerblichen Tierhandel handeln könnte. Da der erste Übergabeort im Landkreis Dachau lag, wandte sich der Katzenschutzbund an den Dachauer Tierschutzverein und fragte nach, ob die Verkäuferin eventuell bekannt sei. Dem war so. Die Dame war sogar berüchtigt. Früher verkaufte sie unzählige Hamster, aber auch Hunde und Katzen. Die Vorsitzende des Tierschutzvereins, Silvia Gruber, kontaktierte daraufhin das Veterinäramt und bekam von dort Hilfe zugesagt. Die Behörde stellte den Kontakt mit der Polizei Dachau her. Zwei vorgeschobene Tierinteressenten stellten sich zur Verfügung, Lockvögel sozusagen; einer wollte zwei Katzen übernehmen und einer drei.

Übergabezeit- und der Ort wurden relativ kurzfristig von der Verkäuferin mitgeteilt. Am Übergabeort, erneut ein Parkplatz, warteten dann die angeblichen Kaufinteressenten aber auch die Polizei in Zivil und zwei Mitglieder des Tierschutzvereins Dachau. Danach ging alles sehr schnell.

Im Inneren eines Transporters wurden sechs Katzenkinder gefunden und der Obhut des Tierheims übergeben. Das kleinste Katzenkind wog gerade mal 470 Gramm. "Nur der tollen Zusammenarbeit zwischen Tierschutz, Veterinäramt und Polizei ist es zu verdanken, dass diese Katzenkinder gerettet werden konnten", schreibt das Landratsamt. Und wenn sie nicht gestorben sind, schnurren sie noch heute. Kein Märchen.

© SZ vom 16.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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