Mitten in Dachau:Ein jeder kehre seinen Radweg

Jeder spart, wo er kann. Nun wollte das staatliche Bauamt der Stadt Winterdienstkosten aufs Auge drücken. Die lässt sich das nicht gefallen: Es geht ums Prinzip

Kolumne von Viktoria Großmann

Ist Bayern ein reiches Land? Wenn man sich die Autos ansieht, die auf den Straßen fahren: Ja. Wenn man sich die Straßen ansieht: eher nicht. Denkt man an S-Bahnen, die mehr ausfallen, als sie pünktlich sind, und den ins Pleistozän zurückreichenden Streit um eine zweite Stammstrecke, muss man ausdrücklich zu dem Schluss kommen: Dem Staat fehlt es an jedem Cent. Deshalb ist auch jedes Amt erpicht darauf zu sparen. Viele Verwaltungen sparen sich Personalkosten, weil das potenzielle Personal sich vom staatlichen Sparsalär das Leben in einer ungezügelten Wohnungsmarktwirtschaft nicht leisten kann und sich daher lieber bei Privatunternehmen einen Job sucht. Das staatliche Bauamt Freising etwa spart auf diese Weise mindestens zehn Ingenieurgehälter.

Weil das nicht ausreicht oder vielleicht auch auf einem anderen Posten verrechnet wird, hat sich das Bauamt eine weitere Sparmaßnahme ausgedacht und die lautet so: Wir bauen der Stadt Dachau 313 Meter Radweg an der Alten Römerstraße Richtung Kreuzung mit Freisinger Straße. Dafür hält die Stadt den erwünschten Weg sauber. Ein hübscher Gedanke, aber nicht ganz im Sinne des Gesetzgebers. Der sieht nämlich vor, dass Staatsstraßen vom Staat gebaut und instand gehalten werden. Daher der Name.

Deshalb, schon aus Prinzip, ist dieses Anliegen überhaupt nicht im Sinne des Dachauer Oberbürgermeisters, der diesen Sachverhalt im Verkehrsausschuss vortrug. Erpressen lasse er sich nicht. Außerdem solle jeder tun, was er tun muss. Mit dem Prinzip ist es so eine Sache. Es geht in diesem Fall um etwa 5500 Euro im Jahr. In Wintern ohne Schnee um weniger. Aus ungeklärten Gründen hat zudem der Vorgänger des Oberbürgermeisters für einen älteren Abschnitt desselben Radwegs diesem Vorgehen zugestimmt. Kein Wunder, dass das staatliche Bauamt erneut sein Glück versucht. Die Stadträte wollen den Radweg nicht gefährden. Sie fürchten, dass das Bauamt aufhört zu bauen, wenn sie den Vertrag nicht unterzeichnen. Sie tun, was sie in solchen Fällen meistens tun: vertagen. Wenn der Weg irgendwann fertig ist, wird der erste Schneefall zeigen, wer vor seiner eigenen Haustür kehrt. Und wer nicht.

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