Mitten in Dachau:Denkmalschutz vor Baumschutz

Es ist schon erstaunlich, wie rasch und geräuschlos die beiden Kugelahornbäume vor dem Rathaus verschwunden sind

Von Petra Schafflik

Wer als Bürger genervt ist von einem Baum, der auf öffentlichem Grund steht, hat schlechte Karten. Egal ob das Gehölz Wohnräume verschattet, mit seinem Laub Dachrinnen verstopft oder mit klebrigem Blütennektar Wege verschmutzt: Solange keine dauerhaften Schäden entstehen, werden Platanen, Eschen oder Robinien in der Regel nicht gefällt. Der zuständige Umwelt- und Verkehrsausschuss ist um Gleichbehandlung bemüht und orientiert sich strikt am umweltpolitischen Leitbild der Stadt. Das schreibt vor, dass "gesunder Baumbestand nicht abgeholzt werden soll". Ausnahmen gibt es nur, wenn Gehölze derart wuchern, dass deutliche Schäden an Zäunen, Mauern oder gar Häusern sichtbar werden.

Da ist es erstaunlich, wie rasch und geräuschlos die beiden Kugelahornbäume vor dem Rathaus verschwunden sind. Beratung oder Beschluss hat es offenbar nicht gebraucht, um die kerngesunden Bäume umzusägen. Die zwei Gehölze mussten weichen, weil sie schlicht im Weg waren. Das angrenzende Zollhäuschen, in dem der regionale Entwicklungsverein Dachau Agil logiert, "ist feucht und muss umfassend trocken gelegt werden", erklärt Bauamtsleiter Michael Simon auf Nachfrage. Dabei hat die Stadt als Eigentümerin das 1820 errichtete Gebäude, das unter Denkmalschutz steht, erst vor drei Jahren umfassend saniert und umgebaut. Dort wo das Gebäude am oberen Ende des Karlsbergs im Erdreich liegt, muss nun aufgegraben, Kies verfüllt und eine Drainage verlegt werden. Bei diesen Grabungsarbeiten hätten die Pflanzen gestört. Die beiden Ahornbäume sollen aber ersetzt werden: durch eine große Linde. Hoffentlich beschwert sich keiner über den gelben, schmierigen Blütenstaub.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: