Mitten in Dachau:Auf einen Lutscher

Mitten in Dachau: SZ-Grafik

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Tadel is kontraproduktiv, wenn er sich mit dem Lob nicht die Waage hält, sagt eine Schulpsychologin vor der Zeugnisvergabe

Von Wolfgang Eitler

Zeugnisse führen sich bekanntlich selbst ad absurdum. Lehrer geben Noten und schreiben Bemerkungen über den Leistungswillen. Dann rufen Eltern und Schüler besorgt bei Schulpsychologen an. Die teilen ihnen mit, doch bitte dieses Dokument nicht wirklich ernst zu nehmen. In einem SZ-Interview rät Schulpsychologin Petra Bachheibl, Ruhe zu bewahren. Sie schlägt Eltern einen Konzertbesuch mit ihren Kindern vor. Außerdem sollten die Zeugnisse so gelesen werden, dass das Gute, das Positive, erkannt wird. Etwa so: Mein liebes Kind, Du hast eine Fünf in Mathe, aber wir erkennen an, dass Du Dich bemüht hast. Und jetzt gehen wir ein Eis essen, damit Du nicht zu traurig bist.

Bei solchen psychologischen Ratschlägen möchte man Lehrern empfehlen, sich im Zeugnis darauf zu beschränken, dass die Klasse gut oder normal bestanden wurde oder gerade so. Die Pädagogen hätten weniger Arbeit. Denn das Zeugnisschreiben ist eine Qual. Der Lehrer kann ja nicht einfach sagen, was er denkt und weiß. Er muss sich an juristisch abgesicherte Formulierungen halten, die möglichst pädagogisch zu klingen haben.

Im Kern hat die für Dachau zuständige Schulpsychologin Bachheibl in dem SZ-Interview vom vergangenen Freitag darauf hingewiesen, dass der Tadel kontraproduktiv wird, wenn er sich mit dem Lob nicht die Waage hält. Ein tägliches Zuckerl erhalten dagegen die Kinder der Klosterschule in der Dachauer Altstadt. Wenn der Unterricht vorüber ist, laufen sie hinunter zur Augsburger Straße. Jeden Mittag strömen sie in das griechische Lokal Bakalikon.

Ernährungsberater, strengere Eltern oder Lehrer sollten jetzt nicht weiter lesen. Oben am Tresen steht ein großer bauchiger Glasbehälter mit lauter Lutschern drin. Buben und Mädchen blicken hinauf. Eine der Bedienungen kommt lachend und hebt das Gefäß herab. Jeder darf sich einen nehmen. Das Ritual hat vor Jahren damit angefangen, dass Kinder von Gästen eine kleine Süßigkeit bekamen. Diese kleine Freude hat sich verbreitet unter den Kindern. Schlechte Noten sind dann nicht mehr so schlimm. In diesem Sinne: Schöne Ferien!

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