Mitten im Landkreis:Wünsch Dir was Großes

Ein Kind wünscht sich, besser in der Schule zu werden. Aber warum werden Kinder nicht ermuntert, größer zu träumen, auch wenn es zunächst unrealistisch erscheint?

Kolumne von Jacqueline Lang

Anhänger der Black-Lives-Matter-Bewegung wünschen sich, dass weiße Menschen endlich damit aufhören "All lives matter" zu fordern, die Klimaaktivisten der Fridays-for-Future-Bewegung wünschen sich, dass man den wissenschaftlich basierten Fakten endlich die nötige Aufmerksamkeit schenkt, und so manch einer wünscht sich sicherlich auch schon seit Wochen, dass das elendige Coronavirus endlich wieder dahin verschwindet, wo es hergekommen ist. Wünschenswert ist die Erfüllung jedes einzelnen dieser Wünsche, aber leider ist es mal mehr, mal weniger unwahrscheinlich, dass sie tatsächlich in Erfüllung gehen - zumindest wohl nicht allzu bald und schon gar nicht alle auf einmal. Aber wir sind hier ja schließlich auch nicht bei "Wünsch dir was". Nur weil dem so ist, heißt das aber natürlich trotzdem keineswegs, dass man keine Wünsche, keine Träume haben sollte. Ja, man könnte sogar sagen: Je größer, desto besser.

"Ich wünsche das ich in der schule besser werde", steht in krakeliger Schreibschrift auf einem grünen Zettel, der an einem rosafarbenen Luftballon befestigt und gen Himmel geschickt wurde. Der Wunsch und die kindliche Schrift lassen vermuten, dass es sich um eine Grundschülerin oder einen Grundschüler handeln muss. Ob er oder sie aus dem Landkreis kommt oder ob der Wunsch nur hier gelandet ist, vielleicht wird man es nie herausfinden. Fest steht nur, ein Mitglied der Dachauer-Ratsch-Gruppe hat den Ballon gefunden. "Dein Ballon wurde gefunden. Ich wünsche dir das dein Wunsch in Erfüllung geht und möchte mich von Herzen bei dir bedanken. Es ist so schön zu sehen, das es noch Kinder gibt, die ,normale' Wünsche haben. Ich war wirklich gerührt heute Morgen. Von Herzen alles Gute für Dich!!", schreibt die Userin am Donnerstagmorgen auf Facebook, in ähnlicher Rechtschreibung. Nun ist es natürlich einerseits tatsächlich schön zu sehen, dass dieses Kind sich offenbar schon in jungen Jahren Gedanken um seine Bildung macht und sich bessere Noten und nicht etwa neues Spielzeug wünscht. Immaterielles statt Konsumgüter. Möge sein Wunsch in Erfüllung gehen.

Andererseits: Ist es nicht auch ein bisschen schade, dass die Gesellschaft schon kleinen Kindern eintrichtert, dass aus ihnen nur etwas werden kann, wenn die Noten stimmen? Stattdessen könnte man sie doch dazu ermuntern, groß zu träumen, selbst dann, wenn es anfangs unrealistisch erscheint. Denn: Nur so lässt sich doch die Welt verändern.

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