Mitten im Landkreis:Die Inkas hatten keine Automaten

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An ein Bankschließfach erinnert der automatische Obstverkäufer.

(Foto: oh)

Die Schätze der Natur sind in Haimhausen nicht nur auf Feldern zu bekommen, sondern auch in einem stahlglänzenden Automaten - sehr zur Freude des Landvolks

Kolumne von Gregor Schiegl

Vor Fahrkartenautomaten des MVV soll man schon Veteranen der Fremdenlegion weinen gesehen haben; im Dschungel Indochinas waren die Verluste hoch, aber man fand sich zurecht, jedenfalls besser als im Menü-Dschungel dieser Höllenmaschine. Sollte ein Apparat dereinst die Weltherrschaft an sich reißen, so wird es wahrscheinlich ein Fahrkartenautomat sein, denn so kalt und ruchlos wie er ist nicht mal der Steckerleis-Automat. Doch seine Schreckensherrschaft wird nicht lange währen; spätestens nach einer Woche hat ihn ein technischer Defekt dahingerafft.

Zur Ehrenrettung des Automaten sei gesagt, dass es in dieser Gattung auch Exemplare gibt, die uns das Leben versüßen. Im Landkreis gibt es sogar noch Restbestände alter Kaugummiautomaten. Ob die noch jemand benutzt, darf man bezweifeln. Die bunten Kaugummikugeln hatten schon vor vierzig Jahren die Konsistenz von getrocknetem Fensterkitt und schmeckten auch so, was die Dachauer Kreisheimatpflegerin Birgitta Unger-Richter nicht darin hindert, die alten Kästen in ihrem Blog zu einem "Stück Kulturgeschichte der Nachkriegszeit" zu erheben, das es durchaus verdient hätte, in die bayerische Denkmalliste aufgenommen zu werden. Dort wäre er neben dem Wolpertinger und anderen Kuriositäten auch gut aufgehoben.

Weil man in Bayern nicht nur traditionsbewusst, sondern auch sehr fortschrittlich ist, gibt es auch bei den Automaten einige Novitäten, wie man etwa bei einem Spaziergang hinter Haimhausen an der Amperpettenbacher Straße feststellen kann. Dort steht ein Häuschen, das aussieht wie ein Mittelding aus Bushaltestelle und Scheune, während das Interieur - ein raumfüllender stahlglänzender Automat eines Obsthofs Knab - an das Schließfachdepot einer großen Bank erinnert. Vermutlich lagerten hier die Schätze der Natur, die das Landvolk aber bereits geplündert hat wie die Conquistadores das arme Südamerika. Dafür gibt es noch Quinoa-Mehl aus heimischem Anbau. Die Knabs lassen schließlich nicht nur Äpfel und Birnen sprießen, sie gelten wegen ihres Auinoa-Anbaus auch als die Inkas von Haimhausen - die Inkas in Südamerika hatten ja keine Automaten. Möglicherweise ist das auch der wahre Grund, warum ihre schöne Zivilisation zugrunde gegangen ist.

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