Süddeutsche Zeitung

Mitten im Landkreis:Die CSU hat einen Bienenstich

Die CSU hat ein Problem mit Insekten. Oder eher den vielen Menschen, die auf einmal Krabbel- und Stechtiere retten wollen. In Pfaffenhofen warnt ein CSU-Gemeinderat vor Stichen, in Dachau versucht die Fraktion verzweifelt auf den Sympathiezug aufzuspringen. Zu spät

Kolumne von Viktoria Großmann

Das Verhältnis der CSU zu Bienen ist in diesen Tagen etwas unentspannt. Erst muss sie zusehen, wie die kleinen Sympathieträger massenhaft Menschen im tiefschwarzen Stammland auf die Beine bringen. Die haben alle für ein Gesetz unterschrieben, das den Artenschutz in Bayern auf ein bundesdeutsches Niveau heben soll. Davon profitieren nun nicht nur die kleine ÖDP als Initiator, sondern auch die Grünen und sogar die SPD, die sich auf die Seite der Bienen-Sympathisanten gestellt und auch im Landkreis Dachau das Volksbegehren öffentlichkeitswirksam unterstützt hat. Der CSU blieb da nur die Rolle der Bauernbeschützer - undankbar, weil auch viele Bauern das Volksbegehren unterstützten. Und ansonsten die Rolle der Meckerer und Motzer. Eine Rolle, welche die große Partei, die gewohnt ist, dass alle ihr folgen, nicht beherrscht und die davon abgesehen eigentlich keinem steht. Mal ausgenommen das Bündnis für Dachau, dessen Motzerei wenigstens häufig auf einer vernünftigen Grundlage entsteht.

Aber möchte man wirklich gegen Bienen motzen? Ein CSUler im Hinterland kann diese Frage für sich klar mit Ja beantworten. Michael Lampl hält Blumenwiesen für gefährlich, besonders vor Kindergärten. Denn Insekten stechen. Eine Meinung, die auch in seiner Heimatgemeinde Pfaffenhofen keine Anhänger findet. Die CSU-Stadtratsfraktion in Dachau versucht es anders. Sie verlangt von der Abteilung Stadtgrün eine Übersicht aller insektenfreundlichen Flächen in der Stadt. Schließlich sei "Naturschutz und Artenschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe" und nicht nur eine der Bauern. "Artenschutz und Umweltschutz gibt es nicht zum Nulltarif, dafür müssen Steuergelder eingesetzt werden", meint die CSU und stellt fest, die Akzeptanz dafür sollte angesichts der Unterschriftenzahlen ja wohl gegeben sein.

Man kann diesen Antrag als Frechheit empfinden. Man kann aber auch die Verzweiflung darin sehen. Schon längst wird in der Stadt alles, was möglich ist, in Blühflächen umgewandelt. Dazu gibt es Beschlüsse, Anträge stellte das Bündnis für Dachau. So wurden auch Giftstoffe auf städtischen Flächen verboten. Die CSU muss sich nach anderen Betätigungsfeldern umschauen. Dieses Feld ist bestellt.

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Quelle:
SZ vom 28.02.2019
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