Mitten im Landkreis:Der Charme der Rübengeister

In diesem Jahr fällt Halloween auf den Reformationsfeiertag, den evangelische Geistliche zum Anlass nehmen, die Rückbesinnung auf christliche Werte zu fordern. Ehrlich gesagt: Eine Rückbesinnung täte auch der Nacht zu Allerheiligen ganz gut, die früher einmal Nacht des Kürbismanns hieß

Von Robert Stocker

Die Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November war früher für Familien mit kleinen Kindern etwas Besonderes. In den Tagen zuvor erwarb der Vater auf einem Feld einen großen Kürbis, der dann von allen Familienmitgliedern malträtiert worden ist. Die Oberseite der gelben Kugel wurde abgekappt, dann wurde die Frucht ausgehöhlt und eine Fratze hineingeschnitten. Fertig war der Rübengeist, in dessen Kopf eine Kerze brannte und so die Konturen eines gruseligen Gesichts erkennen ließ. Nicht nur der Kürbismann, sondern auch die Kinder hatten dann leuchtende Augen.

Heute haben Kinder mit selbst gebastelten Rübengeistern nicht mehr so viel am Hut. Und heute heißt die Nacht zum 1. November nicht mehr Kürbismannnacht, sondern leider Halloween. Der Brauch stammt ursprünglich von den Kelten und wurde von den Iren abgewandelt. Weil sie Angst vor den Toten hatten, verkleideten sie sich mit grausigen Masken, um die Toten abzuschrecken. Irische Auswanderer brachten den Brauch nach Amerika, wo es im Laufe der Jahre seltsame kommerzielle Blüten trieb. Und die haben mittlerweile auch hierzulande einen fruchtbaren Boden gefunden. In der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November, also Allerheiligen, verkleiden sich Menschen, um auf Grusel-Partys zu feiern. Kinder basteln kaum noch Rübengeister, sondern ziehen von Haus zu Haus und bitten um Süßigkeiten. "Süßes oder Saures" heißt es dann, und im Unterton schwingt eine Drohung mit: Wenn wir nichts kriegen, dann setzt es was. Eine besonders abnorme Form nahm Halloween mit den unsäglichen "Horror-Clowns" an. Maskierte Täter fielen über Menschen her, verprügelten sie oder verletzten sie gar mit Waffen. Ein übler Scherz unter dem Vorwand der Narrenfreiheit.

Heuer fällt Halloween auf den Reformationsfeiertag, den evangelische Geistliche zum Anlass nehmen, die Rückbesinnung auf christliche Werte zu fordern. Ehrlich gesagt: Eine Rückbesinnung täte auch der Nacht zu Allerheiligen ganz gut, die früher einmal Nacht des Kürbismanns hieß. Der von der Familie geschnitzte Rübengeist hat wirklich Charme. Das Halloween-Gedöns oder "Horror-Clowns" weniger.

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