Süddeutsche Zeitung

Mitten im Landkreis:Das Comeback kann warten

Auch im Landkreis Dachau dürfen die Biergärten wieder öffnen. Nur schade, dass das Wetter so schlecht ist. Aber so schade dann doch wieder nicht, sonst wäre man gleich wieder im Freizeitstress

Glosse von Jacqueline Lang

Viele, viele Monate hat man diesen Moment herbeigesehnt, irgendwann nicht mehr zu hoffen gewagt, und jetzt plötzlich geht - zumindest fühlt es sich so an - alles ganz schnell. In der Landeshauptstadt München ist es bereits seit Mittwoch soweit, im Landkreis Dachau soll es nun an diesem Wochenende soweit sein: Die Biergärten dürfen wieder öffnen. Und nicht nur das, alle Gastronomen im Dachauer Land dürfen zumindest draußen wieder ihre Tische und Stühle aufstellen. Neben den vielen anderen Lockerungen, die damit ab Sonntag gelten, ist dieser Schritt wohl jener, der für die sichtbarste Veränderung sorgt. Damit geht auch eine Vielzahl an Fragen einher: Was soll man denn jetzt eigentlich zuerst machen? Wo soll man zuerst hingehen? Kriegt man überhaupt noch irgendwo ein Plätzchen? Vielleicht macht man es am besten so wie ein Mitglied der Facebook-Gruppe "Dachauer Ratsch", der sich gleich ein "Öffnungstagebuch 2021" angelegt hat, in dem er sich gleich einen kompletten Wochenplan zurechtgelegt hat, um wirklich nichts zu verpassen. Und der gute Mann hat sich wirklich einiges vorgenommen: "Montag: in Starnberg im Café sitzen. Dienstag: bei Fisch Witte sitzen mit Weißwein und Spritz. Mittwoch: in Kiefersfelden im Stau stehen, um wieder zurückgeschickt werden. Donnerstag: endlich wieder nach Österreich zum Shoppen. Freitag: Gardasee für Pfingsten buchen." Man selbst indes wäre eigentlich schon mit einem Biergartenbesuch zufrieden, ganz gemütlich unter den Kastanienbäumen mit einer Maß in der Hand und der Sonne im Gesicht. Womit man schon wieder beim nächsten Problem wäre: Der Wetterbericht verheißt für das gesamte Wochenende und, wenn man ihm glauben darf, sogar für die gesamte kommende Woche nichts Gutes. Und wenn es wirklich die kommenden zehn Tage durchregnet, kann man das mit dem Biergartenbesuch eigentlich auch gleich wieder vergessen. Denn mal ehrlich: Wer plant schon noch mehr als eine Woche im voraus?

Man könnte denken, die schlechten Wetteraussichten würden für eine ebenso schlechte Stimmung sorgen. Immerhin will man doch schon seit Monaten mal wieder in der Schlosswirtschaft Mariabrunn auf den Feierabend anstoßen oder auf einen Absacker in den City Pub. Doch neben der Enttäuschung ist da überraschenderweise vor allem eines: ein Gefühl von Erleichterung. Nach so vielen Monaten, in denen man jeden gottverdammten Abend notgedrungen zuhause geblieben ist, ist soziales Leben, wenn man ehrlich ist, nämlich vor allem auch eines: überfordernd. Dem Regen sei Dank bleiben nun ein paar Tage mehr Zeit, um das eigene Comeback vorzubereiten.

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Quelle:
SZ vom 15.05.2021
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