Mitten im Kreistag:Wer hat Angst vor der Frauenquote?

Kreisrat Werner Braun wünscht einen Anti-Diskriminierungsbeauftragten für Männer

Glosse von Jacqueline Lang

Mit der Gleichberechtigung ist es ja so: Mehrheitlich kann man sich darauf einigen, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen einiges getan hat. Die Gesellschaft hat sich gewandelt, für Frauen meist zum Positiven. Doch an dieser Stelle hört es dann auch schon auf mit dem Konsens. Denn die einen wollen sich damit längst nicht zufrieden geben. Sie wollen echte Gleichberechtigung in Form von gleichen Rechten, gleicher Bezahlung, gleicher Repräsentation. Und die anderen? Die finden, jetzt müsse es doch auch mal gut sein, mit den ganzen Forderungen, es habe sich doch schon wahnsinnig viel getan. Wenig überraschend handelt es sich bei letzteren meist um Männer.

Einer davon ist, das offenbarte sich spätestens in der jüngsten Kreistagssitzung, Kreisrat Werner Braun (CSU), seines Zeichens auch Obermeister der Metzgerinnung Dachau. Nachdem Kreisrätin Marese Hoffmann (Grüne) nach der Vorstellung der Frauenbilanz für die kommunalen Verwaltungen im Landkreis Dachau augenscheinlich mehr im Scherz sagte, sie wünsche sich, dass in ein paar Jahren alle Kitas von Männern geführt würden und alle Bürgermeister Frauen seien, stellte Braun die besorgt klingende Frage, ob es jetzt eigentlich nur noch um Quote gehe oder auch noch um Kompetenz. Denn so Braun: "Sonst brauchen wir einen Anti-Diskriminierungsbeauftragten für Männer." Die Reaktion: Vereinzeltes Gelächter. Ob es als Form der Zustimmung gemeint oder eher ein peinlich berührtes Lachen gewesen ist, es ist in diesen Kreisen teilweise schwer auszumachen. Widerspruch jedenfalls blieb aus. Allein Landrat Stefan Löwl (CSU) machte klar: "Wir haben keine Quote."

Bleibt die Frage: Warum hat Braun niemand erklärt, dass die Quote nicht als Freifahrtschein für Frauen ohne jegliche Kompetenz gedacht ist, sondern vielmehr sicherstellen soll, dass nicht Männer ohne oder mit geringerer Kompetenz eine Stelle bekommen, einfach nur weil sie Männer sind? Warum hat ihn niemand gefragt, ob er wirklich denkt, dass bislang kaum Frauen in Führungspositionen sind, weil sie allesamt schlechter dafür geeignet sind als Männer? Und warum hat ihm niemand gesagt, dass mehr Rechte für Frauen nicht weniger Rechte für Männer bedeuten? Eines auf jeden Fall hat die Frage Brauns besser verdeutlicht, als eine Frauenbilanz es wohl je könnte: Es ist noch immer ein weiter Weg hin zu tatsächlicher Gleichberechtigung - auch und nicht zuletzt im Landkreis Dachau.

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