Mit eigenen Wegen:Der Ruhepol

Nominierung

Rolf Blaas ist der älteste Kandidat, der bei seiner Wahlwerbung ganz eigene Wege beschreitet.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Rolf Blaas will den Stil verkörpern, mit dem er die Gemeinde zu führend gedenkt: gelassen und beruflich erfahren

Von Benjamin Emonts, Erdweg

Wie ein Staatsgeheimnis hatten die Freien Wähler Erdweg lange Zeit ihren Bürgermeisterkandidaten gehütet - sogar ausgewiesene Insider in der Gemeinde hatten nicht die leiseste Vermutung. Am Tag der Wahrheit, als die Spannung kaum noch auszuhalten war, erhob sich dann der Großberghofener Rolf Blaas von seinem Stuhl, um ins Rennen um das Erdweger Rathaus einzusteigen. Der Überraschungscoup war den Freien Wählern eindeutig geglückt. Den in der Gemeinde relativ unbekannten und politisch unbeschriebenen Blaas hatte wirklich niemand auf der Rechnung. Doch versicherte der 61-Jährige durchaus selbstbewusst, dass seine langjährige berufliche Erfahrung in der Automobilindustrie ihn für den Beruf des Bürgermeisters befähige. "Ich bin davon überzeugt", sagte er.

Inzwischen sind einige Wochen vergangen und der Wahlkampf steht kurz vor seiner Entscheidung. Auf ein flammendes Plädoyer in eigener Sache, wie es seine beiden Konkurrenten gehalten haben, verzichtet der 61-jährige Blaas bei seiner Vorstellung im Ortsteil Kleinberghofen. Er ist eher der ruhige, besonnene Typ. "Von mir werden Sie keine Wahlkampfversprechen hören, vor allem nicht solche, die unrealistisch sind", sagt er.

Seinen Vortrag beginnt er mit einem großen Lob an den im Mai verstorbenen Bürgermeister Georg Osterauer, der ebenfalls den Freien Wählern angehörte. Osterauer habe in der Gemeinde vieles zum Positiven verändert, findet Blaas, "vor allem in der Kommunikation, der Bürgerbeteiligung und dem gegenseitigen Zuhören". Blaas verspricht, diese Linie als neuer Bürgermeister fortführen zu wollen. "Das ist genau meine Art", sagt er.

Der Großberghofener spricht anschließend ausführlich über seinen beruflichen Werdegang, den er offensichtlich als großen Pluspunkt auf seiner Habenseite verbucht. Blaas wurde 1956 in Düsseldorf geboren und machte dort Abitur. Er war zwölf Jahre lang bei der Luftwaffe. Während des Wehrdiensts studierte er in Neuaubing fünf Jahre lang Elektrotechnik, bevor er zum Hauptmann im Generalstab aufstieg. Nach der Bundeswehr wechselte er in die Automobilindustrie. Seit 1991 arbeitete er bei BMW in führender Position im Qualitätsmanagement, viele Jahre auch bei der Tochterfirma Rolls Royce. Vor vier Jahren trat Blaas dann in den selbst erwählten Vorruhestand. "Das waren interessante Jahre und interessante Projekte", blickt er auf seine Zeit bei BMW zurück. Er habe in jenen Jahren viel Personalverantwortung als auch Führungs- und Projekterfahrung gesammelt.

Im Landkreis Dachau ist der 61-Jährige mittlerweile fest verwurzelt. Nach 17 Jahren in Schwabhausen zog er mit seiner Frau Gesa und seiner Tochter Svenja 2009 nach Großberghofen. Für Georg Osterauer ist er in diesem Jahr in den Beirat des Erdweger Kulturvereins aufgerückt, den seine Frau Gesa Blaas leitet. Im Ruhestand beschäftigt er sich leidenschaftlich mit Astrophysik und Raumfahrttechnik. Er kocht und grillt gerne, hört Jazz und Blues und unternimmt Mountainbike-Touren über das Dachauer Land.

Mit der Ruhe könnte es nun aber vorbei sein, sollte am 24. September tatsächlich gewählt werden. Blaas verkündet selbstbewusst, dass die Gemeindebürger nun vor einer wegweisenden Entscheidung stünden. Sinngemäß sagte er, dass sie die Wahl zwischen Stagnation und Fortschritt hätten. Blaas verspricht, als Bürgermeister Gas zu geben und mehrere Großprojekte gleichzeitig voranzutreiben. "Viele Themen müssen jetzt mal zu einer Umsetzung kommen. Entweder es wird noch lange dauern oder wir geben richtig Gas", sagt er.

Der Kandidat spricht sich für ein "moderates Wachstum mit Augenmaß" der Gemeinde aus. Der Fokus sollte dabei seiner Meinung nach vor allem auf dem Nutzen der Gemeindebürger und ortsansässigen Gewerbetreibenden liegen. Zum "Aufgabenkatalog" der Kommune zählt er außerdem die Schaffung bezahlbaren Wohnraums insbesondere für junge einheimische Menschen und einer besseren medizinischen Versorgung. Dabei spricht Blaas von einem Ärztehaus oder dem Ausbau der vorhandenen Kindertagesstätten. Seine Politik als zukünftiger Bürgermeister werde sich grundsätzlich an der Umsetzung der Maßnahmen aus dem "integrierten Städtebaukonzept" orientieren, das sie Gemeinde gemeinsam mit einem Planungsbüro ausgearbeitet hat. "Das ist eine gute Startgrundlage", sagt er.

Als erstes von den besagten Großprojekten will der Freie Wähler die Verlagerung des Sportplatzes von der Jahnstraße auf ein Areal östlich der Bahn in Angriff nehmen. Eine Antwort, wie er an die erforderlichen Grundstücke der Landwirte kommen und wie diese bezahlt werden sollen, blieb er allerdings schuldig. Auf dem frei werdenden Gelände an der Jahnstraße könne die Gemeinde Wohnraum schaffen, sagt er. "Damit hätten wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen."

An einer Podiumsdiskussion in Erdweg, zu der ursprünglich alle drei Kandidaten eingeladen waren, wird Blaas nicht teilnehmen. Nicht alle können das nachvollziehen. Blaas sagt aber: "Das ist für mich kein probates Mittel, um meine Inhalte rüberzubringen."

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