Mit dem Bus durch den Landkreis:Vergessenen Schätzen auf der Spur

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Kreisheimatpflegerin Birgitta Unger-Richter führt in einer Exkursion zu oft verborgenen alten Denkmälern

Von Andreas Förster, Dachau

Dachauer Schloss, Altstadt und die KZ-Gedenkstätte kennt jeder. Doch es gibt eine Reihe von Denkmälern, die den meisten völlig unbekannt sind. Einige davon sind sogar erst vor kurzem entdeckt worden. Im Rahmen des Jahresthemas des Dachauer Forums "Vergangenes erinnern, Gegenwart leben, Zukunft gestalten" hat Kreisheimatpflegerin Birgitta Unger-Richter jetzt eine Exkursion durch den Landkreis gemacht, um auf einige dieser vergessenen Denkmäler aufmerksam zu machen. Diese sind übrigens sehr verschieden. Die Bandbreite reicht von Bauernhäusern bis hin zu einem Schlösschen, aber auch eine Kirche gehört zu den vergessenen Denkmälern.

Station Nummer eins der Bustour liegt an der Kufsteiner Straße. Die Lage ist idyllisch, man fährt vorbei an Feldern längs der Würm, der Weg ist eng und von Bäumen gesäumt. Ein wenig abseits liegt die Hausnummer 16. Bei der unscheinbaren Holzbaracke handelt sich um ein Relikt des ehemaligen KZ-Durchgangslagers. "Damals wurden hier bis zu 2000 Menschen, meistens Fremdarbeiter, durchgeschleust und weiterverteilt", berichtet Unger-Richter. Der Ort war lange in Vergessenheit. Erst seit 2015 steht er unter Denkmalschutz. Das Haus ist in Privatbesitz und bewohnt. Man kann es nur von außen ansehen.

Etwas abseits ist auch das zweite Denkmal: Die Fahrt führt am Todesmarschdenkmal von Hubertus von Pilgrim und dem eingezäunten Gelände der Dachauer Bereitschaftspolizei vorbei. Am hinteren Ende, von der Straße aus nicht einsehbar, liegt die Holländerhalle mit ihrem "beeindruckenden Tonnengewölbe, ehemals ein Teil der Pulver- und Munitionsfabrik", erklärt Unger-Richter. Aufgrund der Kubatur des im Ersten Weltkrieg erbauten Gebäudes habe sich noch keine Verwendung für die Halle finden lassen.

Die nächste Station ist Haimhausen. Genauer gesagt: Das geheimnisumwobene Wasserschloss Favorita. Es ist erst 2018 entdeckt worden, mitten in einem Waldstück nördlich des Schlosses. Zur Barockzeit, das Schloss entstand um 1700, stand das Gebiet unter Wasser. Hiltrud Frühauf von der Geschichtswerkstatt Dachau zeigt die Abbildung eines Kupferstichs der Favorita von 1712. "Man hatte lange Zeit Zweifel, ob es das Lustschlösschen wirklich gegeben hat", sagt sie. Erst der Architekt und Geschichtsforscher Hans Schindlböck entdeckte die Überreste des Wasserschlösschens 2018 nach zehn Jahren Suche. Von der Ortseinfahrt Haimhausen führt ein unbefestigter Fußweg entlang der Amper, nach 500 Metern wiederum ein kaum sichtbarer Trampelpfad nach Osten am Waldrand entlang, an einem schräg gewachsenen Baum geht es in den Wald. Wer die Stelle nicht kennt, wird sie auch nicht finden. Zu sehen sind nur einzelne Ziegelsteine, der Rest bleibt wohl für immer unter der Erde. "Hier darf nicht in die Landschaft eingegriffen werden", betont Frühauf. Es wäre auch kaum sinnvoll, da wohl ein Großteil des Materials 50 Jahre später für den Cuvillies-Anbau des Schlosses verwendet wurden. Warum die Favorita nicht überdauert hat, bleibt bis heute ein Rätsel.

In Röhrmoos ist die Hofmarkkirche Heiliges Kreuz am Kirchweg von Schönbrunn nächstes Besuchsziel. Die Außenarbeiten an dem prächtigen Repräsentativbau von 1724 sind längst abgeschlossen. Innen jedoch herrscht Baustelle, die Kirche ist eigentlich für Besucher gesperrt. Alle sakralen Gegenstände wie Altäre, die Bestuhlung aus der Entstehungszeit und bedeutende Kunstwerke stehen schon seit langer Zeit bei einem Restaurator. "Der kann aber erst anfangen, wenn das Deckenfresko und der Putz wiederhergestellt sind", weiß Unger-Richter. Alles werde aufeinander abgestimmt. Der Förderverein bemüht sich nach Kräften, Spenden zu sammeln. "Die Sanierung beläuft sich auf zwei Millionen Euro", sagt Unger-Richter, "30 Prozent davon muss die Gemeinde selbst aufbringen."

Danach geht es weiter mit dem Bus über Markt-Indersdorf vorbei am historischen Bezirksfriedhof, auf dem 32 Holzstelen an die getöteten Kinder der Zwangsarbeiterinnen im "Dritten Reich" erinnern. Immer wieder säumen besondere Gebäude die Straßen, mal ein prächtig renoviertes Bauernhaus im Weiler Ottelsburg, mal sind es alte Bauernhäuser, die in sehr schlechtem Zustand sind, wie das in der Weiherstraße in Ampermoching. Das nach dem 2013 eingestürzten Purtlhof älteste Bauernhaus im Landkreis ist der 1791 erbaute ehemalige Vierseithof in der Sittenbacher Straße 16 in Unterweikertshofen.

Dass das Vollmairhaus in Tandern mittelfristig wieder im alten Glanz erstrahlen wird, ist der Investorenfamilie Altmann aus Wolnzach und dem zupackenden Verein "Zukunft Tandern" zu verdanken. Vereinsmitgliedern wie Hans Glas und Hans Michalke gelang es, das völlig zugewachsene ehemalige Wohn- und Geschäftshaus, aus dem bereits die Bäume wuchsen, wieder begehbar zu machen. Alte Fotos zeigen, wie schön es dort in ein paar Jahren wieder aussehen wird. Die Wohnungen sind jetzt schon alle verkauft.

Es sind die Erinnerungen und die lebendige Geschichte, die alle antreibt, die sich mit der Erhaltung manchmal vergessener Denkmäler befassen.

© SZ vom 20.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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