Meinung:Fehler im System

Lesezeit: 1 min

Michael Teuber zählt zu den erfolgreichsten und bekanntesten Behindertensportlern weltweit. Jetzt radelt er auf der Bahn im Londoner Velodrom plötzlich hinterher. War der Sportler den Funktionären zu groß geworden?

Christine Heumann

Michael Teuber zählt zu den erfolgreichsten und bekanntesten Behindertensportlern weltweit. Er hat zwei Goldmedaillen bei den Paralympics 2004 in Athen, eine Gold- und eine Silbermedaille 2008 in Peking gewonnen, ist x-facher Welt- und Europameister auf der Radrennbahn und der Straße - und steht auch als Botschafter der Laureus Sport for Good Stiftung oft im Rampenlicht. Er wird mit Boris Becker abgelichtet oder besteigt mit Martina Navratilova den Kilimandscharo. Der Extremsportler aus Odelzhausen versteht es, sich zu vermarkten. Er nutzt seine Prominenz aber auch, um Jugendliche zu motivieren und um Spenden für die Stiftung zu generieren. Er ist eine der schillerndsten Figuren des Behindertensports - und fährt auf der Bahn im Londoner Velodrom plötzlich hinterher.

"Die wollen mich klein kriegen". Mit Empörung hatte Handicap-Radsportler Michael Teuber schon im Februar dieses Jahres reagiert, als der Weltverband mal wieder eine Überprüfung seiner Klassifizierung anberaumte und ihn dann unmittelbar vor der Bahn-WM in Los Angeles in der Wahl seiner Hilfsmittel einschränkte. Er durfte zwar in seiner C1-Klasse bleiben, doch die Hightech-Orthesen zur optimalen Stabilisierung seiner gelähmten Unterschenkel und Füße wurden ihm verboten. War der Sportler den Funktionären zu groß geworden? War er unbequem geworden, weil er sich intensiv für schwerer behinderte Athleten einsetzte, mit der Folge, dass das Wettkampfprogramm für London geändert werden musste? Kann sein.

Und jetzt? Nagt an dem 44-Jährigen schlichtweg der Zahn der Zeit, hat er seinen Zenit überschritten? Zu der Vermutung könnte man vielleicht kommen, wenn Michael Teuber das einzige Opfer des Klassifizierungs-Zoffs und der Hightech-Debatten dieser glamourösen 14. Paralympischen Sommerspiele wäre. Ist er aber nicht. Weitspringer, Läufer, Schwimmer, ja sogar Funktionäre klagen über ein System, das nicht mehr passt. Sie fordern zurecht Korrekturen. Und mehr Gerechtigkeit. Doch die Krux ist: In einem klassifizierten paralympischen Sport wird es nie gerechte Voraussetzungen für alle geben.

© SZ vom 05.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: