Nachhaltigkeit in der Gastronomie:In Zukunft nur noch Mehrweg-Plastik

Müllsack gefüllt mit Einweggeschirr Plastikbesteck Plastikgeschirr Kunststoff Plastikbecher Pl

Einweggeschirr und -besteck aus Kunststoff sowie Essensbehälter aus Styropor dürfen ab dem 3. Juli nicht mehr gekauft werden.

(Foto: imago)

Das Bundeskabinett hat ein weitreichendes Verbot von Einweg-Plastik beschlossen. Das hat auch Folgen für die ohnehin schon gebeutelten Gastronomen im Landkreis: Sie müssen von Ein- auf Mehrweg-Behälter umstellen. Auf finanzielle Unterstützung können sie dabei nicht hoffen

Von Katja Gerland, Dachau

Monatelange pandemiebedingte Schließungen und fehlende Perspektiven haben die Gastronomie auch im Landkreis Dachau hart getroffen. Zwar hat Ministerpräsident Markus Söder in einer Pressekonferenz am Dienstagnachmittag Lockerungen für die Außengastronomie ab kommender Woche angekündigt, die in Aussicht gestellte Öffnung der Biergärten - mit Termin und Test sowie erst nach einem entsprechenden Antrag der Landkreise - ist jedoch erst ab einer stabilen und sinkenden Inzidenz unter 100 möglich. Die Gastwirte im Landkreis Dachau müssen bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 132,3 also noch auf Öffnungen warten.

In naher Zukunft kommt jedoch eine weitere Herausforderung auf die Gastronomie zu, die das in der Pandemie so wichtige Mitnahmegeschäft betrifft: Das Bundeskabinett hat ein weitreichendes Verbot von Einweg-Plastik beschlossen. Einweggeschirr und -besteck aus Kunststoff sowie Essensbehälter aus Styropor dürfen ab dem 3. Juli nicht mehr gekauft werden. Zwar sei Gastronomen auch danach noch möglich, Einwegbehälter in Umlauf zu bringen, die Verfügbarkeit werde aber "mangels weiterer Produktion nach und nach auslaufen", so die Bundesregierung in der Verordnung. Ab 2023 sollen Gastwirte zudem verpflichtet werden, Speisen und Getränke zum Mitnehmen in Mehrweg-Verpackungen anzubieten. Auf die Gastronomie kommt damit schon bald eine weitreichende Umorientierung zu.

Nachhaltigkeit in der Gastronomie: Bietet seinen Kunden seit gut zwei Wochen auch eine Mehrweg-Alternative an: Thomas Duschl vom Dachauer Thai-Restaurant Sukhothai.

Bietet seinen Kunden seit gut zwei Wochen auch eine Mehrweg-Alternative an: Thomas Duschl vom Dachauer Thai-Restaurant Sukhothai.

(Foto: Toni Heigl)

Einige Gastwirte im Landkreis haben den Umstieg auf Mehrwegverpackungen bereits in Angriff genommen; so auch das Sukhothai in der Dachauer Altstadt. Auf der Theke des thailändischen Restaurants stapeln sich seit knapp zwei Wochen durchsichtige Mehrwegbehälter, die Teil des neuen Mitnahmekonzepts der Gastwirte Thomas und Suwan Duschl sind: Wer bei ihnen Speisen zum Mitnehmen bestellt, kann diese nicht mehr nur in Einwegverpackungen abholen. Gegen vier Euro Pfand pro Behälter wird das Essen auf Wunsch auch in einer der vielen Mehrwegboxen verpackt. Thomas Duschls Fazit nach den ersten zwei Wochen fällt durchweg positiv aus: "Alle sind hochbegeistert." Die Hälfte aller Kunden entscheide sich bereits für die wiederverwendbaren Behälter, schätzt Duschl, "und alle bringen die Boxen fleißig zurück", fügt er hinzu. Für ihn sei die Vermüllung in Folge des vermehrten Mitnahmegeschäfts der ausschlaggebende Punkt gewesen, seinen Gästen neben Einwegbehältern auch eine nachhaltigere Alternative anzubieten. "Die Berge Müll hat man seit Corona ja direkt vor Augen", klagt Duschl.

Moritz Reinhold, Bauamtsleiter der Stadt Dachau, kann Duschls Eindruck bestätigen. "Seit den ersten Ausgangsbeschränkungen ab Frühjahr 2020 hat sich das öffentliche Abfallaufkommen, insbesondere Verpackungsmüll, um rund 30 Prozent signifikant erhöht", so Reinhold. Besonders deutlich zeichne sich das Abfallaufkommen im öffentlichen Raum ab. Das sei ein Hinweis darauf, dass die Schließungen der Gastronomie und in Folge ein vermehrtes "To-go"-Geschäft zu der Zunahme des Mülls beitragen würden, so der Bauamtsleiter.

Weil sich auch Duschl an dem zunehmenden Abfall vor seinem Restaurant in der Dachauer Altstadt stört, steht er den Anstrengungen, Mehrwegverpackungen im Mitnahmegeschäft zu etablieren, positiv gegenüber. "Die Verordnung selber ist gut" findet Duschl. Er befürchte jedoch, dass sich hierdurch ein neues Problem in der Gastronomie ergeben könnte: Die Anschaffung von Mehrwegverpackungen sei mit einem finanziellen Aufwand verbunden, den nicht jeder Gastronom stemmen könne, so Duschl. Ebenso skeptisch sehe er Anbieter von Mehrweg-Pfandsystemen, wie Recup oder Vytal, bei denen eine Beteiligung der Wirte nur gegen laufende Kosten oder einen anfänglichen Anschaffungspreis möglich ist. Auch Marlene Christ, Wirtschaftsförderin des Landkreises Dachau, sieht in den kommenden Verordnungen neue Herausforderungen für Gastwirte. Ein kürzlich gegründeter Arbeitskreis des Landkreises um Mitglieder wie der Bäcker- und Metzgerinnung und Dehoga Bayern sei deshalb bereits seit Anfang Februar bemüht, "eine gute Lösung für den ganzen Landkreis" zu finden, so Christ. Ziel sei es, ein einheitliches Mehrweg-System für alle Gastronomen zu schaffen, wobei mehrere Anbieter von Pfandsystemen im Gespräch seien. Mit einer finanziellen Unterstützung durch den Landkreis können die Gastwirte jedoch nicht rechnen. Christ betont, dass die Entscheidung für einen Anbieter, die laut einer Pressemitteilung des Landratsamts schon nächste Woche getroffen werden soll, lediglich eine Empfehlung sei. "Ich würde da nicht mitmachen", kommentiert Gabi Eser die Pläne des Landkreises - und das, obwohl sie selbst stellvertretende Dehoga-Kreisvorsitzende ist. In ihrem Gasthof im Schlossgut Odelzhausen verzichtet Eser bereits seit Beginn der Pandemie auf Einwegverpackungen. Gäste können die Speisen stattdessen in einem eigenen Behältnis abholen oder ein entsprechendes Gefäß gegen Pfand ausleihen. "Bei uns klappt das gut", freut sich Eser. Und sobald der Gasthof wieder öffnen darf, wolle sie ohnehin "ins normale Geschäft zurück". Auch Duschl sieht vorerst keinen Grund, auf das Mehrweg-System eines externen Anbieters umzusteigen. Sein eigenes Pfandsystem möchte er aber auch beibehalten, wenn sein Restaurant wieder für Gäste öffnen darf.

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