Mehr als 220 Stücke:Fast eine Lebensaufgabe

Mehr als 220 Stücke: Der Organist Peter Kofler aus Vierkirchen.

Der Organist Peter Kofler aus Vierkirchen.

(Foto: Toni Heigl)

Peter Kofler plant, sämtliche Orgelwerke von Bach auf CD einzuspielen

Von Dorothea Friedrich, Dachau

"Die Lieblichkeit der abwechselnden Register ist so einnemmend, daß mann nicht glauben kann, daß ein unbelebtes Holz oder Zinn solche zärtliche Tönne hervorzubringen im stande sey." Das schrieb Johann Christoph Altnikol, Schüler und Schwiegersohn von Johann Sebastian Bach über die Orgel. Einer, der diesem Wunderwerk seit Kindertagen nachspürt, ist der in Vierkirchen beheimatete Organist und Cembalist Peter Kofler. Seit 2008 ist Kofler Organist an Sankt Michael in München. Dort hat er unter anderem das internationale Orgelfestival "Münchner Orgelherbst" ins Leben gerufen und zu einer festen Institution gemacht. Zudem ist er Dozent für Orgel und Chorleitung an der Hochschule für Musik und Theater in München. Nun hat der 38-Jährige ein neues Projekt in Angriff genommen. Er will das gesamte Orgelwerk - immerhin mehr als 220 Stücke von Johann Sebastian Bach (1685-1750) auf der Rieger-Orgel in Sankt. Michael einspielen. "Opus Bach" heißt die Reihe (www.opusbach.de). Die erste CD ist bereits erschienen. Die zweite Aufnahme ist seit einigen Tagen im Internet abrufbar - und zwar in allen gängigen Formaten. Sie erscheint im Januar als CD.

"15 Jahre wird es wohl dauern, bis alle Bach-Orgelwerke eingespielt sind, also fast eine Lebensaufgabe", sagt Kofler der SZ Dachau. Dabei geht er musikalisch und aufnahmetechnisch neue Wege. "Orgelkomponisten schreiben praxisnah, für ihre Orgel, ihren Raum. Das war auch bei Bach so", sagt er. Daher habe sich die Frage gestellt: "Spiele ich auf einem historischen Instrument, das womöglich auch schon Bach bespielt hat oder auf einem Universalinstrument, wie es die Rieger-Orgel in Sankt Michael ist?" Die Frage hat sich von selbst beantwortet. "Bach war ein technikaffiner Mensch, er hat selbst Orgeln abgenommen. Er war immer allem Neuen aufgeschlossen." Zudem wollte Kofler "die unglaubliche Palette an Tonumfang und Klängen, die ganze dynamische Bandbreite der Orgel" nutzen. Schließlich sei Orgelspielen "wie ein Orchester zu dirigieren". Und doch ganz anders.

Jede Orgel erfordere, sich bewusst zu machen, "welches Konzept steht hinter ihr? Was hat der Orgelbauer gewollt? Wie erreiche ich die universelle Einheit von Klang und Raum?" Es gelte, sich als Organist immer wieder ein Stück weit neu zu erfinden, sich zu hinterfragen, jedes Werk "in der Interpretation und in der Registrierung ausschließlich im Sinne der Musik zu spielen". Ein weiterer wichtiger Aspekt waren die technischen Möglichkeiten. "Unser Ziel ist größtmögliche klangliche Authentizität. Tonmeister Martin Fischer wollte alles ausschöpfen, was heute technisch machbar ist", sagt Kofler. Das Ergebnis: Mit zehnkanaligem Auro 3D "hat man das Gefühl, man sitzt mitten in der Orgel drin", beschreibt der Organist das Hörerlebnis, das derzeit noch Audio-Fans mit aktuellstem Equipment vorbehalten ist. Die hörende Mehrheit muss sich mit den gängigen Formaten begnügen.

Mit solchen technischen Finessen mussten sich seinerzeit weder Bach noch dessen "Wiederentdecker" Felix Mendelssohn Bartholdy auseinandersetzen. Das Programm von Mendelssohns Leipziger Bach-Konzert vom 6. August 1840, das Kofler 2011 aufführte, war die Initialzündung für Opus Bach und ist zugleich so etwas wie der Leitfaden für die Zukunft. "Jede CD soll einer Art Konzertdramaturgie folgen und ein in sich geschlossenes Programm wiedergeben", sagt Kofler. Dafür sei Quellenstudium nur eine der vielen Voraussetzungen. Schließlich ist der Michaelsorganist längst zum Barockexperten geworden, liebt es "dem Musikantischen, dem Volksmusikalischen" der Musik dieser Zeit nachzuspüren und zu Gehör zu bringen. Insofern dürfte nicht nur "der alte Prachtkerl" Bach, wie ihn Mendelssohn einmal nannte an einer zeitgemäßen Einspielung seiner Werke seine Freude haben.

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