Süddeutsche Zeitung

Mehr als 21 Millionen Euro Kredit:Gewaltiger Schuldenberg

Am Jahresende wird Karlsfeld mit 28 Millionen Euro in der Kreide stehen. Die Gemeinde investiert große Summen Geld in Schulen, Kindereinrichtungen, ins Bürgerhaus und in den Straßenbau

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Der Schuldenberg der Gemeinde Karlsfeld wächst in schwindelerregende Höhe. Mit einem schüchternen: "Bitte nicht erschrecken", verkündete Kämmerer Alfred Giesinger in der Gemeinderatssitzung, dass Karlsfeld Ende dieses Jahres mit 28 Millionen Euro in der Kreide stehen wird. Das bedeutet eine Pro-Kopf-Verschuldung von 1387 Euro, die weit über dem bundesdeutschen Durchschnitt liegt und dreieinhalbfach so hoch ist wie bisher. Lange mussten die Gemeinderäte miteinander ringen, bis sie den diesjährigen Haushalt aufgestellt hatten. Die Genehmigung der Aufsichtsbehörde hing offenbar am seidenen Faden. Denn nur wenn der laufende Betrieb ein Plus abwirft, ist der Haushalt überhaupt genehmigungsfähig. Ohne die Schlüsselzuweisungen in Höhe von 3, 5 Millionen Euro wäre der Verwaltungshaushalt im Defizit geblieben, bemerkte Adrian Heim (Bündnis). Das Haushaltsvolumen liegt in diesem Jahr bei 61,1 Millionen Euro.

Kopfzerbrechen machten den Gemeinderäten die enormen Summen, die sie heuer für Investitionen in Pflichtaufgaben stecken mussten, obwohl sämtliche Rücklagen seit vergangenem Jahr aufgebraucht sind. Mit Abstand am teuersten wird der Bau der Grundschule an der Krenmoosstraße. 34 Millionen Euro sind dafür insgesamt veranschlagt, dieses Jahr hat man zunächst 10,8 Millionen Euro dafür bereitgestellt. Mit dem Geld sollen auch die Planungskosten für die Sanierung der Großturnhalle an der Mittelschule abgedeckt werden. 1,08 Millionen Euro wird der Sport verschlingen. Der Brandschutz der TSV-Turnhalle, die Planung einer neuen Gaststätte sowie Flutlichtanlage stehen auf dem Programm. Darüber hinaus müssen Dach und Fassade des Hallenbads saniert werden. Mit 2,6 Millionen Euro ist der Straßenbau einer der größten Posten des Haushalts. Das meiste Geld wird in die lange aufgeschobene Sanierung der Krenmoosstraße fließen, zudem steht der zweite Abschnitt der Parzivalstraße an und einige Bushaltestellen sollen auf modernsten Stand gebracht werden.

Für die Kindertagesstätten gibt es auch etwas zu tun: ein Bolzplatz an der Röntgenstraße, Innensanierung beim BRK und ein neues WC für die Caritas-Einrichtung - macht etwa 760 000 Euro. Der Umbau des Sitzungssaals im Rathaus wird mit rund 680 000 Euro zu Buche schlagen. Er ist dringend nötig, da ab kommendem Jahr 30 Gemeinderäte Platz haben müssen, bisher sind es 24. Für den Christkindlmarkt und das Bürgerhaus soll ebenfalls Geld in die Hand genommen werden; insgesamt etwa 567 000 Euro.

Alles habe man lange abwägen müssen, sagte Bernd Wanka (CSU). Immer unter dem Gesichtspunkt, ob die Gemeinde tatsächlich dazu verpflichtet ist, ob die entsprechende Investition zwingend erforderlich oder lediglich wünschenswert ist. Nicht immer sei alles eindeutig zu beantworten gewesen, wie etwa die Erneuerung der fast 40 Jahre alten Stühle im Bürgerhaus. Sie krachen noch nicht zusammen, sind aber höchst unbequem und schmälern den Genuss eines Konzerts, so Wanka. Dennoch hat sich die Gemeinde nun dazu entschlossen, 180 000 Euro dafür bereitzustellen. Ähnliche Fragen gab es bei Toiletten und Künstlergarderoben. "Diese Kosten müssen wir aufbringen, wenn wir das Bürgerhaus weiter nutzen wollen", argumentierte der CSU-Gemeinderat.

Die SPD beklagte sich, dass ihre Anträge, anders als "nicht beschlossene" der CSU, nicht in den Haushalt aufgenommen worden seien. Außerdem seien "mehr Grundstücksverkäufe als -einkäufe geplant", monierte Venera Sansone. "Wir halten das für einen völlig verfehlten und kurzsichtigen politischen Ansatz." Karlsfeld müsse viel mehr danach "streben, eigene Grundstücke zu besitzen". Insoweit sei eine Neuverschuldung sinnvoll, so Sansone. Denn nur so könne man "aktiv gestalten".

Heuer wird die Gemeinde einen Kredit in Höhe von 21,7 Millionen Euro aufnehmen müssen. 13,8 Millionen sind für das laufende Haushaltsjahr geplant, der Rest war eigentlich schon 2018 vorgesehen. Bisher war dies aber noch nicht nötig, so Kämmerer Giesinger. Und 2020 wird die Verschuldung voraussichtlich um weitere 10 Millionen Euro wachsen. Das "schmerzt", konstatiert die CSU. Der Freistaat hat zwar Zuschüsse für die neue Schule zugesichert, doch Karlsfeld muss in Vorleistung gehen. Die Zuschüsse werden vermutlich erst in zwei oder drei Jahren fließen.

Große Ausgabeposten sind auch die Kreisumlage mit 11,1 Millionen Euro und die wachsenden Personalkosten (11,4 Millionen Euro). Die Kindertagesstätten werfen inzwischen jedes Jahr ein Defizit von sieben Millionen Euro auf. Vor zwei Jahren war es noch eine Million weniger. Die Einnahmenseite ist indes nicht gerade ermutigend: Die Gewerbesteuern stagnieren seit Jahren bei etwa 7,5 Millionen Euro. Das einzige, was dem Kämmerer Mut macht, sind die Einkommenssteuern, die mit der Zahl der Einwohner wächst. Die Leute, die nach Karlsfeld zögen, verdienten in der Regel gut, so Giesinger. Wie nötig Gewerbe ist, haben alle begriffen. "Die Bündnis-Fraktion ist gegen den Bau von Wohnungen in den Gewerbearealen auf dem Ludl-Gelände und gegen die Aufgabe von Gewerbeflächen auf dem ehemaligen Bayernwerksgelände in Karlsfeld West. Wir müssen die wenigen Flächen ... für Gewerbe nutzen", sagte Heim. Auch die CSU will am Gewerbekonzept festhalten.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4411303
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 16.04.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.