Süddeutsche Zeitung

MD-Papiermuseum:Von Aufstieg und Niedergang

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Das kleine Papiermuseum auf dem MD-Gelände erzählt die Geschichte eines einst blühenden Industriezweiges. Investoren und Politiker wollen das Kleinod auch erhalten - nur wer dafür bezahlt, ist noch unklar.

Sophie Burfeind

Umringt von halb verfallenen Fabrikhallen steht ein kleines Häuschen. Mit seiner hellgelben Fassade und dem friedlich davor plätschernden Mühlbach ist es ein willkommener Farbfleck inmitten des sonst so trostlos aussehenden Geländes der ehemaligen MD Papierfabrik. Ein Messingschild mit der Zahl "1862" prangt an der gelben Wand, es erinnert an die Firmengründung. Im Inneren des früheren Dampfturbinenhauses befindet sich auf zwei Etagen ein kleines Museum, das Papiermuseum.

Das Erdgeschoss des Hauses hat einen alten orange-schwarz gekachelten Fußboden; an den Wänden und in den Vitrinen reihen sich technische Geräte dicht aneinander: Jahrhundertealte Dampfturbinenteile, Schilder, Seile und zahlreiche Vorrichtungen, mit denen man Papier herstellen kann. Eine enge Wendeltreppe führt in das Dachgeschoss hinauf. Dort wird zwischen den Streben des Holzgebälks die Geschichte der Papierfabrik dokumentiert. Es sind Gemälde der Firmeninhaber, wertvolle Papiere, Wasserzeichen, alte Musterbücher und das Modell einer Hadernpapiermaschine von 1886 ausgestellt.

Das kleine Papiermuseum scheint einer Zeit anzugehören, die längst schon vergangen ist. Doch nun wird es von der Realität eingeholt. Im Juli 2012 fand sich ein Investor für die seit 2007 leer stehende Industriebrache, die Dachauer Entwicklungsgesellschaft (DEG). Auf dem 17 Hektar großen Areal sollen Gewerbe und Wohnungen entstehen. DEG-Geschäftsführer Herbert R. Ullmann betont, dass "das Kleinod auf diesem Gelände erhalten bleiben muss". Doch wer das finanziert, ist noch unklar.

Auf einem Rundgang durch das Papiermuseum mit Ullmann, Vertretern der Stadt, Gästeführern und ehemaligen MD-Mitarbeitern wird überlegt, was mit dem kleinen Museum geschehen könnte. Kulturreferent Dominik Härtl merkt an, dass man eine "pure Lösung, ein reines Museum im klassischen Sinne" wohl von Anfang an ausschließen könne. "Eine Mischung aus Café und Museum wäre gut. Die Leute sollen zwei Gründe haben, um herzukommen." Auch Kreisheimatpflegerin Brigitte Unger-Richter hält eine Kombination aus Café und Museum für sinnvoll.

Kulturamtsleiter Tobias Schneider ist der Ansicht, dass zudem ein museumspädagogisches Angebot vorhanden sein sollte, so dass der Ort auch für Schulklassen attraktiv werde: "Die Darstellung einer Papiergeschichte von Christus bis heute, und möglicherweise die Druckwerkstatt als Ergänzung, könnte interessant sein." So hätten Schüler die Möglichkeit, erst Papier herzustellen und es anschließend zu bedrucken.

Ein weiterer Vorschlag sieht vor, einen Papierladen an das Museum anzuschließen.

Sowohl Schneider als auch Ullmann betonen, dass es sehr wichtig sei, die Industriegeschichte der Stadt weiterhin an diesem Ort darzustellen. Mit seinem Industrieaspekt würde sich das Papiermuseum von den anderen zwölf Museen im Landkreis abheben, so Unger-Richter. Dass der Fortbestand des Papiermuseums ein Anliegen für viele Menschen im Landkreis sei, gehe für Ullmann aus den regelmäßigen Anrufen hervor, die er erhalte: "Ich merke daran, dass es für viele ein wichtiges Thema ist." Schließlich war die MD Papierfabrik jahrzehntelang der wichtigste Arbeitgeber in Dachau.

Auch wenn sich alle Beteiligten darüber einig sind, dass das Papiermuseum erhalten werden soll, so bleibt die zentrale Frage der Finanzierung ungeklärt. Laut Ullmann solle das Museum "auf gesunde Füße gestellt werden" und "muss sich auf Dauer selbst tragen". Das ginge nicht ohne die Beteiligung der Stadt. Brigitte Unger-Richter gibt zu bedenken, dass ein Museum kein Wirtschaftsunternehmen sei und immer mehr koste als es einbringe. Dominik Härtl sagt entschieden: "Dass die Stadt das Museum unmittelbar selbst betreibt, das wird nicht geschehen." Dennoch wollen Härtl und Schneider das Projekt in der kommenden Sitzung des Kulturausschusses am 7. Mai vorstellen, wo über eine mögliche Beteiligung der Stadt entschieden werden soll. Ullmann bemerkt, dass er sich für die Gründung eines Fördervereins einsetzen werde, der die Trägerschaft für das Papiermuseum übernehmen könnte.

Der Rundgang durch das Papiermuseum beweist eines: Erhalten will es jeder und auch zur Gestaltung gibt es zahlreiche Vorschläge. Nur die Frage, wer zahlt, bleibt unbeantwortet.

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Quelle:
SZ vom 24.04.2013
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